Fibromyalgie (Fibromyalgiesyndrom)

Mikronährstofftherapie

Zusammenfassung

Fibromyalgie oder auch Fibromyalgiesyndrom ist ein Krankheitsbild, das mit chronischen Schmerzen, Schlafstörungen und Müdigkeit sowie kognitiven Störungen und anderen unspezifischen Symptomen einhergeht.1,2 Die genaue Ursache und die Entstehung der Fibromyalgie ist nach wie vor ungeklärt, weswegen sich die Behandlung nach den Symptomen richtet.3 In der Forschung sieht man die Fibromyalgie als eine Störung der Schmerzregulation, die vermutlich durch diverse Faktoren (Genetik, Hormone, Immunologie) getriggert wird und überwiegend Frauen betrifft.2,4,5 Die Diagnose stützt sich seit 1990 hauptsächlich auf die vom American College of Rheumatology (ACR) definierten Hauptdiagnosekriterien.6 Obwohl es nach derzeitigem Stand keine einheitliche Therapie gibt, stehen sowohl pharmakologische als auch nichtpharmakologische Therapieansätze zur Verfügung, um die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern.7
 

Ursache

Bei Fibromyalgie handelt es sich um eine chronische Schmerzerkrankung, deren Ursache nach derzeitigem Wissensstand unbekannt ist. Die Krankheit scheint nicht auf einen einzelnen Faktor, sondern auf mehrere körperliche und/oder psychische Faktoren zurückzugehen oder durch diese verstärkt zu werden.3 Jedenfalls gilt Fibromyalgie als eine Störung der zentralen Schmerzregulation, bei welcher eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit vorliegt, die auch als zentrale Sensibilisierung bekannt ist.8,9 Es hat sich gezeigt, dass die Fibromyalgie mit einer veränderten Schmerz- und Empfindungsverarbeitung im zentralen Nervensystem verbunden ist und Patienten schon geringe körperliche Reize als schmerzhafter wahrnehmen als gesunde Kontrollpersonen.10 Darüber hinaus scheinen psychologische und soziale Faktoren zu Entstehung bzw. Fortbestehen der Schmerzüberempfindlichkeit beizutragen.11,12 Ob eine genetische Komponente in der Ätiologie der Fibromyalgie mitspielt, wird derzeit noch diskutiert.13,14 Eine genomweite Linkage-Studie mit über 116 amerikanischen Familien ergab, dass Geschwister von Fibromyalgie-Betroffenen ein 13,6-fach höheres Risiko für die Entwicklung der Erkrankung aufweisen als die Allgemeinbevölkerung. Außerdem zeigte sich, dass eine bestimmte Region auf dem Chromosom 17 dieser Studienpopulation signifikant mit Fibromyalgie verbunden war.15 Die Schnittbilder der Magnetresonanztomographie zeigen Unterschiede zwischen den Gehirnen von Fibromyalgie-Patienten und jenen von gesunden Kontrollpersonen, darunter die neuronale Aktivität.16
 

Symptomatik und Diagnostik

Charakteristisch für Fibromyalgie sind neben chronischen Schmerzen, die mehrere Körperregionen betreffen und seit mindestens drei Monaten bestehen, auch sehr empfindliche Tender Points (Triggerpunkte).1 Wenn der Betroffene während der Palpation 11 von 18 Tender Points als schmerzhaft empfindet und andere entzündliche rheumatische Erkrankungen ausgeschlossen werden, verhärtet sich der Verdacht einer Fibromyalgie, vor allem wenn gleichzeitig Müdigkeit, Schlafstörungen und kognitive Störungen (fibro fog) auftreten.17 Die ausschließliche Untersuchung der Tender Points reicht für die Diagnose einer Fibromyalgie aber nicht mehr aus, da ein gewisser Prozentsatz der Fibromyalgiker weniger als 11 schmerzhafte Tender Points aufweist. Aus diesem Grund hat die ACR 2010 zusätzlich einen anamnestischen Fragebogen zur Fibromyalgie-Diagnose herausgegeben, der die Tender Points nicht miteinbezieht. Zuerst wird der Körper mithilfe des Widespread Pain Index in insgesamt 19 Abschnitte unterteilt und der Patient gibt an, wie viele davon in den letzten Wochen schmerzten. Zusätzlich werden mittels Symptom Severety Scale die Schweregrade der Symptome Müdigkeit, nicht erholsamer Schlaf und kognitive Symptome (Konzentrations- und Merkstörungen) sowie das Auftreten weiterer körperlicher Beschwerden (u. a. Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit) bewertet.6,18 Entzündungsparameter im Blut sowie bildgebende Verfahren werden für die Diagnose einer Fibromyalgie als unzureichend erachtet, eignen sich jedoch zum Ausschließen von anderen Erkrankungen. Da Fibromyalgie gemeinsam mit anderen Krankheiten auftreten kann, ist eine Ausschlussdiagnose keine Option. Tatsächlich erfüllten in einer Studie aus dem Jahre 2011 rund 17 % der Arthrotiker, 37 % der Patienten mit systemischem Lupus erythematodes und 21 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis die vom ACR im Jahre 2010 aufgestellten Kriterien zur Fibromyalgie-Diagnose.19
 

Therapie

Die Therapie von Fibromyalgikern richtet sich nach dem Beschwerdebild und dient in erster Linie der Schmerzlinderung und der Behebung der Müdigkeit, um die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Der nichtpharmakologische Therapieansatz sieht vor allem regelmäßige Bewegung vor. Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse aus dem Jahr 2017 ergab, dass Aerobic und Muskeltraining das Wohlbefinden der Betroffenen am besten steigerten sowie Schmerzen linderten und Dehnungsübungen und Aerobic die Lebensqualität erhöhten. Des Weiteren zeigte sich, dass die Kombination von Kraft- und Ausdauertraining die Depressions-Symptome der Betroffenen am stärksten verringerten.20 Eine Cochrane Review von 13 Studien mit insgesamt 839 Probanden ergab außerdem, dass aerobes Training die Schmerzen, Erschöpfung (Fatigue), körperliche Funktionsfähigkeit, Steifheit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von erwachsenen Fibromyalgikern positiv beeinflusste.21 Es gibt auch wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von Massagen, Akupunktur und Elektrotherapie zur Fibromyalgie-Behandlung.22,23,24 Psychologische und verhaltenstherapeutische Maßnahmen (u. a. die kognitive Verhaltenstherapie) werden ebenfalls empfohlen, da sich die Erkrankung auf die Psyche negativ auswirken kann.25 
 

Relevante Mikronährstoffe
Mikronährstoffbegleitung bei Fibromyalgie

Die Fibromyalgie ist eine chronische und unheilbare Erkrankung mit bisher ungeklärter Pathogenese. Sie ist durch wandernde Schmerzen in der Muskulatur, um die Gelenke und im Rücken sowie allgemeine Druckempfindlichkeit gekennzeichnet. Zusätzlich leiden die Betroffenen unter unspezifischen Begleitsymptomen wie Müdigkeit, Schlafstörungen, Morgensteifigkeit, Konzentrationsschwäche, Antriebslosigkeit und angeschwollene Extremitäten. Eine begleitende Mikronährstofftherapie versucht, die Symptomatik positiv zu beeinflussen und häufige Begleiterscheinungen – wie Migräne und Schlafstörungen – zu reduzieren.
 

Migräne vermeiden

Coenzym Q10 spielt eine Schlüsselrolle bei der zellulären Energieproduktion und ist ein zentrales Antioxidans in den Zellen. Bei der Energiegewinnung liefert Coenzym Q10 jene Elektronen, die in der mitochondrialen Atmungskette für die Adenosintriphosphat-Synthese benötigt werden. Klinische Studien deuten darauf hin, dass der Coenzym-Q10-Status bei Migräne zu niedrig ist. In klinischen Studien reduzierte die Supplementierung von 1–3 mg Coenzym Q10/kg Körpergewicht die Migränehäufigkeit und -intensität signifikant.

Da Magnesium Membranen stabilisiert und so die Erregungsleitung der Nerven beeinflusst, können Magnesiumdefizite zur Pathogenese von Migräne beitragen. Migränepatienten weisen häufig einen suboptimalen Magnesiumstatus auf und sprechen gut auf eine Supplementierung an. In klinischen Studien reduzierte die Substitution von 600 mg Magnesium pro Tag sowohl die Dauer als auch die Frequenz von Migräneattacken.
 

Lebensqualität steigern - Stimmung aufhellen und Schlafqualität verbessern

5-Hydroxytryptophan (5-HTP) ist eine Zwischenstufe bei der endogenen Umwandlung der Aminosäure Tryptophan in den Neurotransmitter Serotonin. Der Serotoninspiegel steht in engem Zusammenhang mit psychischen Veränderungen, wie beispielsweise depressiven Verstimmungen, Angst und Panikzuständen oder Aggressionen. Er beeinflusst direkt den Schlaf-wach-Rhythmus, die Appetitkontrolle und das Schmerzempfinden. Eine 5-HTP-Substitution führt zu mehr verfügbarem Serotonin im synaptischen Spalt und hat demnach eine antidepressive Wirkung.

Auch die B-Vitamine Niacin, B1 und B6 sind für den erfolgreichen Ablauf der Serotoninsynthese unabdingbar.

S-Adenosylmethionin (SAMe) ist an der Synthese wichtiger Faktoren des Hirnstoffwechsels – wie Neurotransmitter und Phospholipide – beteiligt.

Omega-3-Fettsäuren wirken durch die Aktivierung von serotonergen Neurotransmittern in Hippocampus und Cortex antidepressiv. Zur nutritiven Behandlung von Fibromyalgie-assoziierten Depressionen, depressiven Beschwerden und Verstimmungen kommt insbesondere der Eicosapentaensäure (EPA) eine bedeutende Rolle zu.

Laboruntersuchung

Mögliche Laboruntersuchung (Labor GANZIMMUN) Detailinformation
Fibromyalgie Cortisol, DHEAS, Melatoninsulfat,
Serotonin, IGF-1
Fibromyalgie
Chronische Entzündungsprozesse CCP-AK, COMP, CRP, Eisen, Kupfer, Zink, gr. Blutbild Fibromyalgie
Kleines Rheumaprofil ASL, CRP, Rheumafaktor Fibromyalgie
Großes Rheumaprofil Kleines Rheumaprofil plus HLA-B27, CCP-AK, Auto-AK (ANA, gegen quergestreifte Muskulatur, ds-DNS-AK) Fibromyalgie
Säure-Basen-Haushalt Entgiftung Fibromyalgie

Referenzen

Referenzen

1 Blair, M. J., Krebs, E. E. 2020. Fibromyalgia. Ann Intern Med. 172(5):ITC33-ITC48.
2) Nihalani, N. D., Schwartz, T., Chlebowski, S. et al. 2006. Fibromyalgia. Psychiatry (Edgmont). 3(4): 44–60.
3) Institute for Quality and Efficiency in Health Care (IQWiG). 2018. What is known about the causes of fibromyalgia? InformedHealth.org
4) Di Franco, M., Iannuccelli, C., Valesini, G. 2010. Neuroendocrine immunology of fibromyalgia. Ann N Y Acad Sci. 1193:84-90.
5) D’Agnelli, S., et al. 2019. Fibromyalgia: Genetics and epigenetics insights may provide the basis for the development of diagnostic biomarkers. Mol Pain. 15: 1744806918819944.
6) Galvez-Sánchez, C. M., Reyes del Paso, G. A. 2020. Diagnostic Criteria for Fibromyalgia: Critical Review and Future Perspectives. J Clin Med. 9(4): 1219.
7) Kwiatek, R. 2017. Treatment of fibromyalgia. Aus Prescr. 40(5): 179–183.
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9) Mezhov, V., Guymer, E., Littlejohn, G. 2021. Central sensitivity and fibromyalgia. Intern Med J. 51(12):1990-1998.
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25) Bennett, R., Nelson, D. 2006. Cognitive behavioral therapy for fibromyalgia. Nat Clin Pract Rheumatol. 2(8):416-24.

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