Mikronährstofftherapie
Definition |
Eisenmangelanämie liegt vor, wenn durch die defizitäre Eisenversorgung des Körpers die Hämoglobinkonzentration unter den alters- bzw. geschlechtsspezifischen Normwert absinkt. Laut WHO liegt dieser für Frauen bei 12 g/dl, für Männer bei 13 g/dl. Weltweit gilt Eisenmangel als die häufigste Mangelernährung überhaupt. Insbesondere Länder mit chronischer Unterernährung sind von einer hohen Prävalenz an Eisenmangelanämie betroffen (ca. 50 – 80 %). Eisenmangelzustände ohne Anämie treten auch häufig in westlichen Ländern auf (Prävalenz bis zu ca. 20 %). |
Symptomatik |
Da jede Körperzelle Eisen benötigt, kann Eisenmangel verschiedene Körpersysteme stören und unterschiedliche Symptome hervorrufen. Auf hämatologischer Ebene führt Eisenmangel zu einer verminderten Hämoglobin- und Erythrozytenkonzentration mit unspezifischen Symptomen und manifestiert sich letztlich in Form einer Anämie. Der verminderte Sauerstofftransport im Blut führt zu einer beeinträchtigten Versorgung von Organen und Geweben. Dies bewirkt allgemeine Beschwerden wie Müdigkeit, Erschöpfung und Abgeschlagenheit. Zu weiteren Symptomen zählen beispielsweise Mundwinkelrhagaden, rissige, spröde und trockene Haut sowie Störungen im Haar- und Nagelwachstum. Latente Eisenmangelerscheinungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Ferritinspeicher weitgehend entleert sind. Hierdurch kommt es zwar noch nicht zu einem Ausfall eisenabhängiger Funktionen, es stehen aber auch keine Reserven für Zeiten eines erhöhten Bedarfs zur Verfügung. Ein Eisenmangel führt letztlich zu einer hypochromen mikrozytären Anämie, die sich in der Bildung hämoglobinarmer, kleiner Erythrozyten zeigt. In der Diagnosestellung muss sie von der megaloblastären Anämie unterschieden werden, die durch Vitamin B12- und/oder Folsäuremangel ausgelöst wird. |
Ursachen |
Für das klinische Management ist die Evaluierung der zugrundeliegenden Ursachen des Eisenmangels von essentieller Wichtigkeit. In den meisten Fällen gründet die negative Eisenbilanz auf Blutverlusten (z.B. gastroenteralen und/oder urogenitalen Ursprungs), die über die nutritive Eisenresorption nicht kompensiert werden können. Seltener fußt die Eisenmangelanämie auf Resorptionsstörungen, wobei in diesem Fall meist Zöliakie, eine Autoimmungastritis oder eine Helicobacter-pylori-Infektion (v.a. bei Frauen) eine Rolle spielen. Eine spezielle Ernährung (z.B. vegetarische Ernährung) allein führt eher selten zu Eisenmangelanämie, sondern meist in Kombination mit etwaigen Blutverlusten (z.B. starke Menstruationen). Sehr selten spielen genetische Defekte eine Rolle, sollten aber v.a. bei pädiatrischen Patienten und familiärer Häufung - unter Ausschluss anderer Faktoren im Hinterkopf behalten werden. Neben erhöhten Eisenverlusten kann auch ein Mehrbedarf, der nicht mehr über die normale Ernährung gedeckt werden kann, zu einer negativen Eisenbilanz führen. Ein Mehrbedarf tritt in erster Linie bei schwangeren Frauen, wachstumsbedingt bei pädiatrischen Patienten, bei Sportlern im Intensivtraining bzw. starkem Muskelaufbau sowie unter Erythropoetintherapie auf. Abgeklärt werden sollte ggf. auch eine Dysregulation der Hepcidin-Ferroportin-Achse, die zu einer veränderten Eisenhomöostase führen kann. So führen chronische Entzündungszustände anhaltend zu hohen Hepcidinwerten, wodurch die Eisenverfügbarkeit langfristig eingeschränkt wird sowie zu einer entzündungsbedingten Anämie führen kann. Eine Fehlleitung des Eisenstoffwechsels kann auch im Zuge einer chronischen Niereninsuffizienz auftreten, die zu einer limitierten Hepcidinausscheidung führt. Außerdem können auch ein Vitamin-D- und/oder Zinkmangel die Entstehung von Eisenmangel bzw. Eisenmangelanämie begünstigen. Zink spielt bei einer Vielzahl von Stoffwechselreaktionen eine Rolle – so auch im Eisenstoffwechsel. Bei einem Mangel an Zink kann es zu einer gestörten Eisenutilisation kommen. Im Falle von Vitamin D ist dessen hemmende Wirkung auf die Hepcidinproduktion entscheidend. Das Hormon hemmt den Eisentransporter Ferroportin und dadurch sowohl die Eisen-Resorption im Darm als auch die Eisenfreisetzung aus dem Retikuloendothelialen System. Unter Eisenmangel kommt es zu einer Erhöhung der Hepcidinspiegel, die wiederum die Eisenresorption stören. |
Diagnostik |
Die Diagnose eines „wahren“ Eisenmangels kann mithilfe verschiedener labordiagnostischer Parameter gestellt werden. Als Erstlinienparameter gilt in der klinischen Praxis der Wert des Eisenspeicherproteins Ferritin, das im Serum erniedrigt ist. Ferritin ist ein besonders sensitiver Parameter, weil er im Regelfall mit dem im Körper vorhandenen Speichereisen korreliert und das Serumeisen erst abzusinken beginnt, wenn die Eisenspeicher bereits entleert sind. Bei Eisenüberladung und bestimmten Erkrankungen (z.B. Infektionen, Tumore) kann es jedoch zu falsch erhöhten Ferritinwerten kommen. Idealerweise sollte man deshalb auch einen Entzündungsmarker (z.B. CRP) mitbestimmen. Darüber hinaus finden sich bei Eisenmangel erniedrigte Eisenkonzentrationen und eine reduzierte Beladung von Transferrin mit Eisen - die sogenannte Transferrinsättigung. |
Therapie |
Patienten mit Eisenmangel bzw. Eisenmangelanämie sollten zur Korrektur der Eisenmangelanämie sowie zur Anhebung der Ferritinspeicher zusätzlich zu einer täglichen eisenbedachten Ernährung noch Eisen erhalten. Hierbei gilt die orale Eisensubstitution, die der physiologischen Eisenresorption entspricht, in offiziellen Empfehlungen zur Behebung von Eisenmangel-/anämie in der Regel als „First- Line-Therapie". Intravenöse Eisengaben sollten nur zweitrangig oder unter bestimmten Umständen eingesetzt werden. Zum einen ist bei oralen Eisengaben die Gefahr einer Eisenüberladung gering, zum anderen können dadurch auch etwaig mögliche allergische Reaktionen auf parenterale Eisengaben umschifft werden. Zur oralen Substitution des fehlenden Spurenelements stehen hierbei Eisensalzverbindungen sowie spezielle pflanzliche Zubereitungen zur Verfügung. Früher erhältliche tierische Hämeisenpräparte sind derzeit nicht im Handel. Eisensalze: Für eine Eisensupplementierung mit Eisensalzen empfehlen sich zweiwertige Eisensalze (z.B. Eisen(II)-gluconat), da sie eine bessere Bioverfügbarkeit und Verträglichkeit aufweisen als dreiwertige Eisenformen. Die Zugabe von Vitamin C erhöht zusätzlich die Resorptionsraten. Bei Supplementierung mit Eisensalzen tritt aufgrund einer schlechten gastrointestinalen Verträglichkeit oft Übelkeit auf und es kann zu einem Anfluten von Eisenionen im Darmlumen kommen. Diese können aufgrund ihres oxidativen Potentials die Darmmukosa schädigen. Nebenwirkungen sind bei ca. 20 % der Verwender zu erwarten (Blähungen, Schmerzen, Obstipation und Übelkeit) und führen zu einer hohen Abbruchsquote. Als eine besonders verträgliche und gut bioverfügbare Eisensalzverbindung gilt hingegen das Eisenchelat „Eisenbisglycinat“. Hierin ist Eisen an die natürliche Aminosäure Glycin gebunden. Die gute Bioverfügbarkeit dieser Verbindung ermöglicht geringere Dosierungen, die sich wiederum günstig auf die Nebenwirkungsrate auswirkt. Die Vorteile von Eisen-Bisglycinat werden auch in mehreren Studien bestätigt. |
Relevante Nährstoffe |
Die gezielte Zufuhr von Eisen ist die wichtigste Nutritivmaßnahme zur Normalisierung des gestörten Eisenstoffwechsels. Ein Mangel an Eisen zählt zu den häufigsten Ursachen für Müdigkeits- und Erschöpfungszustände bei Frauen. Eine Minderversorgung des Nährstoffs kann auf einem erhöhten Eisenbedarf, vermehrten Eisenverluste und/oder eine verminderte Eisenresorption gründen. Bereits ein Herabsetzen der Ferritinspiegel (latenter Eisenmangel) kann zu pathophysiologischen Veränderungen z.B. in der mitochondrialen Respiration oder im Lipid- und Glukosestoffwechsel führen. Erst wenn die Ferritinspeicher weitgehend entleert sind, kommt es zu Störungen im Blutbild und der charakteristischen Symptomatik. Aktuelle Studien belegen, dass Vitamin D3 die Aufnahme und Utilisation von Eisen beeinflusst. Demnach hemmt Vitamin D3 die Produktion von Hepcidin, welches die Eisenresorption stört. Das Akutphaseprotein Hepcidin verfügt über antimikrobielle Aktivität und nimmt eine Schlüsselfunktion bei der Regulation der Gewebeverteilung, Resorption und extrazellulären Konzentration von Eisen ein. Ein guter Status an Vitamin D3 senkt die Transkription des Hepcidingens und reduziert die intrazellulären und systemischen Konzentrationen von Hepcidin, wodurch die systematische Verfügbarkeit von Eisen verbessert wird. |
Ernährung |
Bei Eisenmangel und Eisenmangelanämie sollte begonnen werden, die Ernährung auf eine möglichst eisenreiche, aber dennoch ausgewogene Kost umzustellen. In der Phase des Eisenmangels bzw. der Eisenmangelanämie sollte zur Behebung der Mangelsituation ergänzend zur geschickten Lebensmittelauswahl und -kombination gleichzeitig eine zusätzliche orale Eisentherapie stattfinden. Eisen ist zwar in fast allen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln enthalten, jedoch meist in eher geringen Konzentrationen. Die Bewertung eines Eisenlieferanten sollte neben dem Gehalt auch immer die Verfügbarkeit des enthaltenen Eisens einfließen. Generell gilt Hämeisen aus tierischen Lebensmitteln, wie z.B. Rind- oder Schweinefleisch, als besser verfügbar (Aufnahmerate ca. 10-25 %) und ist darüber hinaus weitgehend unabhängig von anderen Nahrungsmittelbestandteilen. Die Verfügbarkeit von Nicht-Hämeisen ist hingegen deutlich schlechter (3-8%) und zudem stark dem Einfluss von Förderstoffen (z.B. Vitamin C) und Hemmstoffen (z.B. Calciumsalze, Polyphenole, Ballaststoffe) unterworrfen. Unter den pflanzlichen Lebensmitteln können Hülsenfrüchte (wie z.B. Linsen, Soja), Nüsse (wie z.B. Mandeln und Pistazien) und Kerne (wie z.B. Kürbiskerne und Sesam) einen Beitrag zur Eisenversorgung leisten. Während der Eisengehalt von Milchprodukten eher zu vernachlässigen ist, können auch Getreideprodukte eine durchaus gute Quelle darstellen. Hier sollte jedoch ganz klar den Vollkornvarianten der Vorzug gegeben werden – so sinkt beispielsweise der Eisengehalt bei der Ausmahlung von Vollkornmehl zu Weißmehl um mehr als 2/3. Als ein besonders eisenreicher Getreidevertreter gelten Haferflocken. Obst enthält zwar wenig Eisen, Vitamin-C-haltige Früchte und Fruchtsäfte erhöhen jedoch die Eisenaufnahme in den Körper und sind somit ideal zum Kombinieren. |