Mikronährstofftherapie
Defintion | |
Unter einer Dysbiose versteht man ein Ungleichgewicht der Darmflora, welches oftmals durch Medikamente, Stress, aber auch durch Fehlernährung verursacht wird. Unter normalen Umständen befinden sich im Darm Billionen Bakterien, die in einer Symbiose leben. Zu ihren Aufgaben gehörten das Aufschließen von unverdaulichen Nahrungsbestandteilen wie Ballaststoffe, die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren und bestimmten Vitaminen (v.a. Vitamin B12, Pantothensäure) sowie der Abbau von Gallenfarbstoffen und die Unterstützung der Abwehrleistung des Darms. Bei einer Dysbiose kommt es zu einer Verschiebung des Gleichgewichts und einer Zunahme von Fäulnis- und/oder Gärungsbakterien unterschiedlicher Gattungen. In der Diagnose einer Dysbiose stehen vorrangig Stuhlanalysen im Vordergrund mit anschließender Behandlung durch Pro- und Präbiotika, ernährungstherapeutischen Maßnahmen und ggf. einer Darmsanierung. Unbehandelt kann eine Dysbiose hingegen zur Begünstigung von chronischen Erkrankungen beitragen und die Lebensqualität des Betroffenen stark einschränken. |
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Symptomatik | |
Eine Dysbiose kann beim Betroffenen verschiedene Symptome hervorrufen, vorrangig im Gastrointestinaltrakt, darunter vermehrtes Aufstoßen, Sodbrennen, Übelkeit, aufgeblähter Bauch, Blähungen, übelriechender Stuhl, abwechselnd Durchfall oder Verstopfung, Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang (zu weich, zu hart, zu oft, zu selten), Völlegefühl, Druck oder Schmerzen in der Bauchgegend, Darmkrämpfe und Koliken. Des Weiteren können zusätzlich auch Beschwerden wie chronische Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen bis hin zu Migräne, Hautproblemen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und erhöhter Infektanfälligkeit auftreten. Die chronischen Beschwerden können außerdem auch die Psyche negativ beeinflussen, sodass oftmals depressive Verstimmungen oder Gereiztheit die Folge sind. Die Vielzahl der Symptome wirkt sich oftmals negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus bzw. können diese stark verringern. |
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Ursachen | |
Die unterschiedlichen Bakterien der Darmflora haben auch verschiedene Anforderungen an ihre Umgebung. Je nach Mileu, welches sich aus pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Ernährungsweise des Betroffenen ergibt, überwiegen bestimmte Bakterienarten. Bei einer Dysbiose ziehen sich nützliche (apathogene) Bakterienarten wie Laktobakterien und Bifidobakterien zugunsten krankmachender (pathogener) Vertreter zurück. Im Gegensatz zu apathogenen Keimen, die das Immunsystem stärken, die Darmschleimhaut schützen und den Körper vor Krankheitserregern und Giftstoffen bewahren, erzeugen pathogene Vertreter eine Reihe von toxischen Abbauprodukten, welche dann in weiterer Folge den Organismus stark belasten und die Entstehung von Krankheiten fördern können. Als Ursache einer Dysbiose kommen verschiedene Faktoren infrage, darunter die Einnahme bestimmter Arzneimittel, Fehlernährung und dauerhafte Stresseinwirkung. Eine der schwerwiegendsten Einflüsse auf die Darmflora haben Behandlungen mit Antibiotika, welche die Zusammensetzung der Darmflora um bis zu 90 % verändern können. Durch die Einnahme werden neben den unerwünschten Bakterien auch nützliche Bakterien als unbeabsichtigte Nebenfolge abgetötet, was wiederum pathogenen Keimen die Möglichkeit zur Vermehrung gibt. Daneben haben auch noch andere Arzneimittel einen negativen Einfluss auf die Darmflora, darunter sogenannte Magensäurehemmer, Antidepressiva, Antihistaminika, Betablocker, Statine und Ovulationshemmer. Des Weiteren beeinflusst auch die Ernährungsweise die Darmflora und führt bei einer besonders fett-, zucker-, kohlenhydrat- und eiweißreichen Ernährung zu einem vermehrten Auftreten von Fäulnis- und Gärungsbakterien. Während die Fäulnisbakterien dabei das Zuviel an Eiweiß abbauen, ist es bei Gärungsbakterien das Zuviel an Kohlenhydraten. In beiden Fällen haben diese schädlichen Fäulnis- und Gärungsprozesse starke, negative Auswirkungen auf den Verdauungsapparat und den gesamten Organismus und verändern das Milieu im Darm nachhaltig. |
Diagnostik | |
Um eine Dysbiose zu diagnostizieren, wird in erster Linie der Stuhl des Betroffenen mit verschiedenen labormedizinischen Parametern analysiert. So kann mittels sensitiven massenspektrometrischen Verfahren frühzeitig eine vermehrte Besiedlung pathogener Mikroorganismen im Darm diagnostiziert werden. Eine gestörte intestinale Mikroflora kann außerdem durch die Messung von Verdauungsrückständen, aber auch Parameter wie α-1-Antitrypsin, Calprotectin, Gallensäuren, Pankreaselastase, sekretorisches IgA und Zonulin, Beta-Glukuronidase, kurzkettige Fettsäuren, EPX im Stuhl, Histamin im Stuhl, Beta-Defensin 2, Lysozym, sekretorisches IgA, Calprotectin, LaKtoferrin, Alpha-1-Antitrypsin, Hämoglobin, Zonulin sowie durch die Ermittlung des Florastatus nachgewiesen werden. Darüber hinaus stehen noch quantitative, bakterielle und mykologische Stuhluntersuchungen zur Verfügung, um die aerobe und anaerobe Darmflora, Hefen, Schimmelpilze, Clostridium difficile und pH-Wert zu ermitteln. Des Weiteren kann das intestinale Mikrobiom zum Nachweis der Häufigkeit von relevanten Bakterienstämmen- und spezies, darunter Firmicutes, Bacteroidetes, Actinobacteria, Proteobacteria, Verrucomicrobia, Euryarcheaota, Fusobacteria, Tenericutes, der Beschreibung der bakteriellen Diversität, zur Dysbiose, für den FODMAP-Index, zur Einteilung der Enterotypen sowie zur Bewertung des Risikos für metabolische, immunologische und neurologische Erkrankungen genutzt werden. Durch eine molekularbiologische Untersuchung der mukosaprotektiven Flora können die beiden wichtigsten Keime zum Mukosaschutz, Akkermansia muciniphila und Faecalibacterium prausnitzii, analysiert werden. Bei der Messung von kurzkettigen Fettsäuren mittels Head-Space-GC-MS und anschließender Darstellung der ermittelten Konzentrationen mmol/L sowie des prozentualen Verhältnisses von Butyrat, Propionat und Acetat können die kurzkettigen Fettsäuren im Stuhl ermittelt werden. |
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Therapie | |
Um eine Dysbiose auszugleichen und die Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen, können Probiotika und Präbiotika eingesetzt werden. Bei Probiotika handelt es sich um Präparate mit nützlichen Laktobazillen und Bifidobakterien, welche sich im Darm ansiedeln und durch das Verdrängen von pathogenen Keimen das Gleichgewicht der Darmflora wiederherstellen können. In diesem Zusammenhang ist auch die Gabe von Präbiotika wichtig, um das Wachstum der nützlichen Darmbakterien anzuregen. Unter Präbiotika werden alle Lebensmittel verstanden, welche reich an Ballaststoffen sind, wie u.a. Pektin, Inulin, Oligofruktose und Cellulose, und somit den Darmbakterien als Nahrung dienen. In schweren Fällen ist eine sogenannte Darmsanierung oder auch Symbioselenkung als alternativmedizinischer Therapieansatz möglich, um die Darmflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Diese kann bei korrekter Durchführung zur Wiederherstellung der Keimbesiedlung des Darms, zur Normalisierung der Darmschleimhaut und der Darmperistaltik beitragen. Das Ziel einer Darmsanierung ist vorwiegend die Wiederherstellung des Milieus im Darm, wodurch die Ausbreitung pathogener Keime verhindert wird. Da auch die Ernährungsweise einen starken Einfluss auf die Darmflora hat, sollten die nützlichen Bakterien durch eine ausgewogene Ernährung mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen gefördert werden. Da ein gereizter Darm die ihm zugeführten Mikronährstoffe nicht ausreichend aufnehmen kann, sollte zusätzlich zu den labordiagnostischen Parametern auch eine Mikronährstoff-Analyse durchgeführt werden um dementsprechende Defizite auszugleichen. |
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Relevante Mikronährstoffe | |
Pflanzenextrakte wie beispielsweise Ingwer und Enzian unterstützen die Verdauungsprozesse, erhöhen die Widerstandskraft gegenüber ungünstigen Mikroorganismen und unterstützen das Immunsystem. Ingwer hat neben sekretolytischen Eigenschaften auch ein wirkungsvolles antimikrobielles und antivirales Wirkspektrum. Enzian enthält Wirkstoffe mit bakteriziden Effekten, die auch gegen antibiotika-resistente Stämme eingesetzt werden können. Knoblauch hemmt mit Hilfe des Hauptwirkstoffes Alliin (S-Allyl-L-Cysteinsulfat) das Wachstum von grampositiven und gram-negativen Bakterien (u.a. Staphylokokken, Streptococcen) sowie von Pilzen und Hefen. Knoblauch kann auch die Wirksamkeit von Antimykotika (z.B. Amphotericin B) verstärken und das Wachstum von Helicobacter pylori hemmen. Süßholz enthält neben den pflanzentypischen Komponenten Glabridin und Glabrol auch natürliche Salicylsäure, für die signifikante antimikrobielle Effekte nachgewiesen wurden. Zudem können Polysaccharidfraktionen von Glycyrrhiza glabra die Adhäsionsfähigkeit von Helicobacter pylori, Campylobacter jejuni und Porphyromonas gingivalis an möglichen Wirtszellen um 60–70 % vermindern, wodurch sich die bakterielle Infektion reduziert. L-Glutamin spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau und der Erhaltung von Zellsystemen. Zellen mit hohen Teilungsraten, wie die Zellen des Immunsystems und die Mukosazellen des Dünndarms, sind auf eine ausreichende Versorgung mit der Aminosäure Glutamin angewiesen. Außerdem ist L-Glutamin als Präkursor der Glutathionbiosynthese eine zentrale Komponente zur Erhaltung des antioxidativen Status. |