Süßholzwurzel

Synonym(e): Glabridin, Glycyrrhiza glabra, Glycyrrhizinsäure
Nährstoffgruppe: Pflanzliche Extrakte & Wirkstoffe

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung
Süßholz zählt zur Familie der Hülsenfrüchte und zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütengewächse (Faboideae). Typische Inhaltsstoffe der Wurzel sind Triterpensaponine - insbesondere die süß schmeckende Glycyrrhizinsäure, sowie Cumarine und Flavonoide. In der Ernährung begegnet uns die Süßholzwurzel vor allem in Form von Bonbons, Tees und Spirituosen. Am bekanntesten ist die Süßholzwurzel jedoch als Inhaltsstoff von Lakritze, die vor allem in den nördlichen Ländern Europas beliebt ist. 
 
Physiologische Effekte
Hormonhaushalt
  • Verzögerte Ausscheidung von Kortikosteroiden und Verlängerung der biologischen Halbwertszeit von Cortisol und Aldosteron durch Hemmung des Enzym 11ß-Hydroxysteroid-Dehydrogenase
Antioxidant
  • Erhöhte Bildung von Paraoxonase 2 (PON2), die intrazellulär zum antioxidativen Schutz speziell unter inflammatorischen Bedingungen beiträgt
Schleimhaut
  • Antibakterielle Eigenschaften
  • Antiulzerative Effekte durch Reduktion der Magensäurebildung

Besondere Informationen

Inhaltsstoffe der Süßholzwurzel - Kombination von Glabridin und Glycyrrhizinsäure
Die Süßholzwurzel enthält Triterpensaponine (wie die Glycyrrhinzinsäure), Flavonoide (wie Galbridin) und Cumarine. Insgesamt haben Forscher bislang zirka 400 verschiedene Inhaltsstoffe entdeckt. Aufgrund der stoffwechselrelevanten Wirkungen ist die Süßholzwurzel von besonderem Interesse in der Therapie des Metabolischen Syndroms.

Die Inhaltsstoffe Glabridin und Glycyrrhizinsäure haben unterschiedliche biochemische Ansatzpunkte im gleichen Indikationsbereich. Um diese therapeutisch nutzen zu können, sollten Präparate sowohl die Extrakt- als auch die Ölextraktzubereitung der Süßholzwurzel enthalten.

11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenasen (11β-HSD1) als Schlüsselenzyme des metabolischen Syndroms
Die 18α-Glycerinsäure, ein natürlich auftretender Metabolit der in der Süßholzwurzel enthaltenen Glycyrrhizinsäuren, hemmt nachweislich die Aktivität der 11β-HSD1 und wird bereits als vielversprechende Substanz mit therapeutischer Relevanz diskutiert (1). In Tierstudien konnte gezeigt werden, dass eine erhöhte Aktivität der 11β-HSD1 sowohl zu einer erhöhten Fetteinlagerung im Bauchbereich als auch zu einer gesteigerten Bildung des Stresshormons Kortisol aus Kortison führt (2). Im Gegenzug dazu reduziert das Enzym 11β-HSD2 entstandenes Kortisol wieder zu Kortison (3). Die metabolische Wirkung von Kortisol besteht auch in der Ausdifferenzierung von Präadipozyten zu Adipozyten (3). Das dadurch entstehende Viszeralfett bildet wiederum vermehrt 11β-HSD1, wodurch der Kortisolspiegel erhöht bleibt. Die dadurch gestörte Bildung von Mineralokortikoiden sowie die erhöhte Entzündungsbereitschaft und Insulinresistenz, kombiniert mit erhöhtem oxidativen Stress, können letztlich zu den für das metabolische Syndrom typischen Erkrankungen wie Arteriosklerose, Bluthochdruck und Diabetes führen (4) (5).
 
Glabridin und metabolisches Syndrom
Das Flavonoid Glabridin wirkt als Agonist am (Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptoren-gamma (PPAR-gamma)-Liganden. Dieser nukleare Rezeptor spielt als Transkriptionsfaktor bei Stoffwechselvorgängen im metabolischen Syndrom eine zentrale Rolle. Die Aktivierung des PPAR-gamma-Rezeptors scheint bei der Behandlung des metabolischen Syndroms ein wesentlicher Faktor zu sein. Der ölige Süßholzwurzelextrakt Glavonoid zeigt PPAR-gamma-aktivierende Effekte. Dadurch wird die Verminderung der abdominalen Fettbildung und der hypoglykämischen Effekte dieser Zubereitung erklärt (6).
 
Antioxidative Schutzeffekte von Glabridin bei Hyperglykämie

Dem Flavonoid Glabridin werden zudem starke antiatherogene Eigenschaften zugeordnet, insbesondere bei einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Es erhöht die Bildung von PON2, die intrazellulär zum antioxidativen Schutz speziell unter inflammatorischen Bedingungen beiträgt (7). Dadurch wird unter anderem die LDL-Oxidation verhindert, die am Beginn arteriosklerotischer Veränderungen steht. Für den öligen Süßholzwurzextrakt Glavonoid konnten diese Effekte im Mäusetest nachgewiesen werden (8).

Glavonoid vermindert Viszeralfettbildung
Therapeutisch von Interesse ist die Verhinderung der Neuausbildung des viszeralen Fettgewebes. Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass durch Glavonoid die Expression von Genen intensiviert wird, die bei der β-Oxidation im Lipidstoffwechsel eine zentrale Rolle spielen. Zudem wird die Pyruvatkinase in der Leber gehemmt, die für die glykolytische Lipogenese von Bedeutung ist (9). Sowohl in Tierstudien als auch in klinischen Studien mit Übergewichtigen konnten durch Glavonoid verminderte Fetteinlagerungen im Bauchbereich erzielt werden. Eine japanische Doppelblind- und placebokontrollierte Studie mit 103 Übergewichtigen konnte nach zwölfwöchiger Supplementierung mit 300 mg Glavonoid eine signifikante Gewichtsabnahme durch Reduzierung des Fettgewebes dokumentieren (10). Pharmakologische Tests zeigten zudem, dass die tägliche Aufnahme von 300 – 1200 mg als sicher und nebenwirkungsfrei anzusehen ist (11).
 
Antimikrobielle und antiulzerative Eigenschaften der Süßholzwurzel
Süßholz enthält neben den pflanzentypischen Komponenten Glabridin und Glabrol auch natürliche Salicylsäure, für die signifikante antimikrobielle Effekte nachgewiesen wurden (12). Zudem können Polysaccharidfraktionen von Glycyrrhizia glabra die Adhäsionsfähigkeit von Helicobacter pylori, Campylobacter jejuni und Porphyromonas gingivalis an möglichen Wirtszellen um 60 – 70 % vermindern (13), wodurch sich die bakterielle Infektion reduziert.

Zudem hat die Süßholzwurzel antiulzerative Eigenschaften, indem sie die Magensäureproduktion reduziert, die Mucusbildung erhöht und das Zytokingleichgewicht fördern kann (14).

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zur Therapiebegleitung bei metabolischem Syndrom und Adipositas 100 mg/d
Zur Reduzierung der Risikofaktoren abdominaler Fettverteilung 100 mg/d
Bei labordiagnostisch nachgewiesenem erhöhten 11Beta-HSD-Index (>1,3) 100 mg/d
Zur Verbesserung von Leistung und Konzentration bei Ermüdungserscheinungen 100 mg/d
Bei Störungen des mikroökologischen Gleichgewichts durch bakteriellen Befall des Organismus, insbesondere des Magen-Darm-Trakts 150 – 300 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Süßholzwurzelextrakt sollte zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.

Hinweis:
  • Von einer Verwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit wird abgeraten, da ein erhöhter Süßholzverzehr unter Umständen mit einer ungünstigen metabolischen Programmierung des Kindes einhergehen kann.
Nebenwirkungen
Keine; erst bei länger andauernder Einnahme von sehr hohen Dosierungen (mehr als 50 g/d!) kann es zur Verschiebung der Elektrolytkonzentrationen im Körper kommen, die das Entstehen von reversiblen Symptomen wie Bluthochdruck und Herzbeschwerden ermöglicht.
Kontraindikationen
Schwangerschaft, Stillzeit, Hypertonie, Niereninsuffizienz

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
NSAIDs
(z.B. Diclofenac, ASS,
Ibuprofen)
Süßholz kann die Nebenwirkungen von NSAIDs, v.a. im gastrointestinalen Bereich, reduzieren.
Kortikosteroide
(z.B. Prednisolon, Dexamethason)
Süßholz hat einen Kortisolspareffekt und verstärkt die Wirkung der Kortikosteroide, Nebenwirkungen können durch niedrigere Dosierungen reduziert werden.
Diuretika
(Schleifendiuretika, Thiazide) 
Eine gleichzeitige Einnahme in hohen Dosen kann zur erhöhten Ausscheidung von Kalium führen.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.

Referenzen

Referenzen

1) Classen-Houben, D. et al. 2009. Selective inhibition of 11beta-hydroxysteroid dehydrogenase 1 by 18alpha-glycyrrhetinic acid but not 18beta-glycyrrhetinic acid. J Steroid Biochem Mol Biol. 113(3-5):248-52.
2) Yin, Y. Y. et al. 2010. Effects of glycyrrhizic acid on 11 β-hydroxysteroid Dehydrogenase (11 βHSD1 and 2) activities and HOMA-IR in rats at different treatment periods. Exp Clin Endocrinol Diabetes.
3) Andres, J.  Untersuchungen über Regulationsmechanismen der 11beta-Hydroxysteroid Dehydrogenase Typ 1. Dissertation an der Universität Potsdam, 2008.
4) Masuzaki, H. et al. 2001. A transgenic model of visceral obesity and the metabolic syndrome. Science. 294:2166-70. doi: 10.1126/science.1066285.
5) Mazukaki, H., Flier, J. S. 2003. Tissue specific glucocorticoid reactivating enzyme, 11-β-hydroxysteroid dehydrogensae type 1 (11 βHSD-1) a promising drug target for the treatment of metabolic syndrome. Curr Drug Targets Immune Endocr Metabol Disord. 3(4):255-262(8).
6) Nakagawa, K. et al. 2004. Licorice flavonoids suppress abdominal fat accumulation and increase in blood glucose level in obese diabetic KK-A(y) mice. Biol Pharm Bull. 27(11):1775-8.
7) Yehuda, I. et al. 2011. Glabridin, a phytoestrogen from licorice root, up-regulates manganese superoxide dismutase, catalase and paraoxonase 2 under glucose stress. Phytother Res. 25(5):659-667. doi: 10.1002/ptr.3318.
8) Mae, T. et al. 2003. A licorice ethanolic extract with peroxisome proliferator-activated receptor-gamma ligand-binding activity affects diabetes in KK-Ay mice, abdominal obesity in diet-induced obese C57BL mice and hypertension in spontaneously hypertensive rats. J Nutr. 133(11):3369-77.
9) Aoki, F. et al. 2007. Suppression by licorice flavonoids of abdominal fat accumulation and body weight gain in high-fat diet-induced obese C57BL/6J mice. Biosci Biotechnol Biochem. 71(1):206-14. doi: 10.1271/bbb.60463.
10) Tominaga, Y. et al. 2006. Licorice flavonoid oil effects body weight loss by reduction of body fat mass in overweight subjects. J of Health Science. 52(6): 672–683. doi: doi.org/10.1248/jhs.52.672.
11) Aoki, F. et al. 2007. Clinical safety of licorice flavonoid oil (LFO) and pharmacokinetics of Glabridin in healthy humans. J Am Col Nutr. 26(3):2009-218.
12) Mitscher, L. A. et al. 1980. Antimicrobial agents from higher plants. Antimicrobial isoflavanoids and related substances from Glycyrrhiza glabra L. var. typical. J Nat Prod. 43(2):259-69. 
13) Wittschier, N. et al. 2007. Large molecules as anti-adhesive compounds against pathogens. J Pharm Pharmacol. 59(6):777-86.
14) Khayyal, M. T. et al. 2001. Antiulcerogenic effect of some gastrointestinally acting plant extracts and their combination. Arzneimittelforschung. 51(7):545-53. doi: 10.1055/s-0031-1300078. 

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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