Mikronährstofftherapie
Definition | |
Unter einer Laktoseintoleranz oder auch Milchzuckerunverträglichkeit versteht man die unvollständige Verdauung des mit der Nahrung aufgenommenen Milchzuckers (Laktose) aufgrund einer verminderten oder fehlenden Produktion des Verdauungsenzyms Laktase. Weltweit können etwa 70–75 % der Bevölkerung Laktose nach dem Säuglingsalter nicht mehr vollständig verwerten, nur bei wenigen Populationen bleibt die Laktaseaktivität bis ins Erwachsenenalter bestehen. Das Enzym Laktase wird bei allen gesunden Neugeborenen während der Stillzeit in der Dünndarmschleimhaut gebildet und spaltet das Disaccharid Laktose in die Monosaccharide D-Glukose und D-Galaktose, welche anschließend ins Blut aufgenommen werden. Mit der natürlichen Entwöhnung von der Muttermilch sinkt auch die Laktaseaktivität auf etwa 5–10 %. Einzig bei Völkern, welche seit Längerem Milchwirtschaft und Tierzucht betreiben, lässt sich eine Laktasepersistenz feststellen, also eine Produktion von genügend Laktase im Erwachsenenalter. Bei eingeschränkter oder fehlender Laktaseaktivität gelangt die unaufgespaltene Laktose in den Dickdarm, wo sie Darmbakterien aufnehmen und vergären. Die dadurch entstehenden Gärungsprodukte Laktat, Methan und Wasserstoff führen in weiterer Folge unter anderem zu Blähungen und Durchfall. Die Ursache für einen Laktasemangel ist entweder angeboren oder im Laufe des Lebens erworben. Die Laktoseintoleranz unterscheidet sich aber grundlegend von einer Milcheiweißallergie, welche IgE-Antikörper-vermittelt ist und eine aktive Immunreaktion darstellt. |
|
Symptomatik | |
Bei laktoseintoleranten Menschen wird die Laktose, welche vorwiegend aus Milch und Milchprodukten aufgenommen wird, im Dünndarm unvollständig aufgespalten und gelangt in den Dickdarm, wo die Darmbakterien den Milchzucker vergären. Als Folge der fehlgeleiteten Verwertung entstehen Gase und organische Säuren, die beim Betroffenen zu Blähungen, Bauchdrücken, Krämpfen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen führen. Daneben können auch unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, chronische Müdigkeit, innere Unruhe, Herzrasen, Blutdruckanstieg, Schwindelgefühl (Vertigo), Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Erschöpfungsgefühl, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Akne auftreten. Die Laktaseaktivität kann vollständig wegfallen oder mehr oder weniger schwach ausgeprägt sein. Dann steht die Stärke der Symptome in Korrelation zur Menge der konsumierten Laktose. Dabei ist zu erwähnen, dass die Symptome bei einer angeborenen Laktoseintoleranz deutlich schwerer in Erscheinung treten als bei der adulten Form. Die mit der Laktoseunverdaulichkeit einhergehende Reizung der Darmschleimhaut führt zu Durchfällen, welche die Aufnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen stören können. Bei langfristigen Durchfällen kann es sogar zu einer Verkrümmung der Darmzotten kommen, wodurch sich die Aufnahme aller Nährstoffe verringert. |
|
Ursachen | |
Als Ursache eines Laktasemangels kommen unterschiedliche Faktoren infrage. Bei einem kongenitalen Laktasemangel (congenital lactase deficiency, CLD) wird das Enzym aufgrund eines Gendefekts stark eingeschränkt oder gar nicht gebildet. Bei dieser Form handelt es sich um eine seltene autosomal-rezessive Erbkrankheit, welche für die finnische Bevölkerung beschrieben wurde und beim Neugeborenen bereits in den ersten Tagen nach der Geburt zu Durchfall und unbehandelt zu schwersten Gehirnschäden führt. Bei einem entwicklungsbedingten Laktasemangel handelt es sich um eine seltene Form, die bei Frühgeborenen auftreten kann. Aufgrund der späten Bildung von Laktase in den letzten Schwangerschaftswochen können Frühgeborene die Laktose oftmals nicht spalten. Diese Form des Laktasemangels sagt nichts über die Verträglichkeit des Milchzuckers im Erwachsenenalter der Betroffenen aus. Bei einer primären Laktoseintoleranz – der weltweit häufigsten Form – reicht die Laktaseproduktion im Dünndarm von Säuglingen aus, verringert sich aber nach der Entwöhnung. Beim Großteil der Betroffenen geht die Enzymaktivität erst ab etwa dem fünften Lebensjahr verloren. In der Regel geht die Laktaseaktivität nicht komplett zurück, sondern zeigt bei dauernder Laktoseexposition eine gewisse Induzierbarkeit. Die genetische Veranlagung für diese Form der Laktoseintoleranz kann durch die Bestimmung des LCT-Genotyps ermittelt werden. Erwachsenen nördlicher Regionen bereitet die Laktoseaufnahme oftmals bis ins hohe Alter keine Probleme. Grund für das Fortbestehen der Enzymproduktion im Erwachsenenalter ist eine vererbte Mutation. Als Auslöser der sekundären Laktoseintoleranz nach Leiß et al. 2005 kommen neben chronischen Darmerkrankungen, intestinalem Lymphom, bakterieller oder viraler Gastroenteritis, partieller oder totaler Gastrektomie, Kurzdarmsyndrom, Mangelernährung, Blindsacksyndrom/großem Duodenaldivertikel, Chemotherapie/Strahlentherapie auch chronischer Alkoholmissbrauch und Dünndarmparasiten aus der Gruppe der Giardien infrage. Des Weiteren können auch Erkrankungen des Verdauungssystems die laktaseproduzierenden Zellen so schädigen, dass es zu einer vorübergehenden, in seltenen Fällen zu einer lebenslangen Beeinträchtigung der Laktaseproduktion kommt. |
Diagnostik | ||||||||||||||||||||||||
Zur Diagnose einer Laktoseintoleranz stehen verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung. Der gängige H2-Atemtest basiert auf dem Nachweis von Wasserstoff (H2) in der ausgeatmeten Atemluft und dient als indirekter Nachweis eines Laktasemangels. Bei den Betroffenen entsteht bei der bakteriellen Aufarbeitung der Laktose im Dickdarm neben Milchsäure, Essigsäure und Kohlenstoffdioxid auch gasförmiger Wasserstoff, welcher über das Blut in die Lunge gelangt und abgeatmet wird. Da unter normalen Umständen kein Wasserstoff in der ausgeatmeten Atemluft vorhanden ist, kann ein positives Ergebnis auf eine Laktoseintoleranz hindeuten. Bei diesem Test wird die Wasserstoffkonzentration vor und nach der oralen Verabreichung einer bestimmten Menge Laktose gemessen. Wenn das Messergebnis vor und nach der Laktosegabe einen Unterschied von 20 ppm aufweist, gilt der Befund als positiv. Allerdings führt dieser Test bei jedem fünften Patienten zu einem falsch-negativen Ergebnis, da auch eine gestörte Darmflora (harmlose) laktoseverwertende Bakterien aufweisen kann. Zusätzlich steht ein Gentest auf den LCT-Genotyp zur Verfügung, welcher als Untersuchungsmaterial lediglich einen Wangenschleimhautabstrich voraussetzt. Durch die Zuordnung des LCT-Genotyps zu TT, TC oder CC (Laktoseintoleranz) kann die genetische Veranlagung des Patienten diagnostiziert werden. In Ausnahmefällen kann auch eine Gewebeprobe aus dem Dünndarm entnommen und die Laktaseaktivität im Dünndarmgewebe untersucht werden. |
||||||||||||||||||||||||
Therapie | ||||||||||||||||||||||||
Da die Beschwerden bei einer Laktoseintoleranz auf den aufgenommenen Milchzucker zurückgehen, liegt der Hauptfokus der Therapie – je nach Schweregrad der Unverträglichkeit – auf der Reduzierung oder Vermeidung laktosehaltiger Produkte.
Bei einer Laktoseintoleranz ist es der unverwertete Zuckeranteil, der die bakterielle Zusammensetzung im Darm ändert und zu Beschwerden führt. Bei einer leichten Intoleranz vertragen viele Betroffene meistens kleine Laktosemengen ohne Beschwerden, weswegen keine vollständige Vermeidung des Milchzuckers notwendig ist. Bei mittleren und schwereren Formen einer Laktoseintoleranz ist aber eine Eliminationsdiät empfehlenswert, bei der nicht nur die Laktose selbst, sondern auch malabsorbierte Kohlenhydrate, wie Fruktose (Fruchtzucker) sowie Sorbit, Xylit und andere Zucker gemieden werden sollten. Des Weiteren ist in den ersten Wochen der Behandlung ein zusätzlicher Verzicht auf Bohnen, Lauch, Kohl und Kraut sowie auf die Einnahme resorptionshemmender Medikamente und nicht resorbierbarer Zucker ratsam. Auch sämtliche andere Ballaststoffarten verändern die bakterielle Darmflora durch die vermehrte Bildung von kurzkettigen Fettsäuren, CO2 und anderen biogenen Aminen, sodass diese zumindest in der Anfangsphase der Elimination gemieden werden sollten. Milch hat einen Anteil von etwa 4,8 % Laktose und weist damit den höchsten Milchzuckergehalt auf. Bei Milchprodukten ist der Laktosegehalt je nach Herstellungsart sehr unterschiedlich. So sind beispielsweise bei der Produktion mancher Käsesorten, Sauermilch aber auch Joghurt Bakterien in Verwendung, die Laktose mittels Gärung aufspalten, weswegen das Endprodukt laktosefrei sein kann. Um eine längere Haltbarkeit von Nahrungsmitteln zu gewährleisten, unterbricht die Industrie den Gärungsprozess frühzeitig, weshalb viele Joghurts und Kefirs nicht laktosefrei sind. Für Käse gilt allgemein: Je länger der Reifungsprozess, desto geringer der Laktoseanteil. In diesem Zusammenhang ist aber auch zu erwähnen, dass durch eine lange Reifungsdauer biogene Amine gebildet werden, die zu Pseudoallergien führen können, deren physiologischen Auswirkungen genauso unangenehm sein können wie Histamin bei einer echten Allergie. Mittlerweile ist die Auswahl an laktosefreier Milch und Milchprodukten im Handel groß. Dafür wird die Laktose durch enzymatische Aufspaltung bereits in der Molkerei beinahe komplett entfernt. Betroffene müssen auch bei Fertigprodukten und Medikamenten auf den Zusatz von Laktose achten. Eine Möglichkeit der Abhilfe stellt die bedarfsgerechte Einnahme des Enzyms Laktase in Kapsel- oder Tablettenform dar, wobei die genaue Dosierung an das zu verzehrende Lebensmittel und die individuelle Toleranzschwelle angepasst werden muss. Auch Milchersatzprodukte – wie Soja-, Mandel- und Getreidedrinks – stellen eine gute Alternative dar, da diese oftmals mit Vitaminen und Calcium angereichert werden. Ob es durch die Vermeidung von Milch und Milchprodukten zu Nährstoffdefiziten kommt, vor allem Calciummangel, hängt von den Ernährungsgewohnheiten ab. Da Milch und Milchprodukte wichtige Calciumlieferanten darstellen, können Laktoseintolerante auf andere wertvolle Calciumquellen wie calciumhaltiges Mineralwasser (150 mg Calcium pro Liter) zurückgreifen. Zusätzlich weisen auch einige Gemüsesorten, wie Brokkoli und Grünkohl, einen hohen Calciumgehalt auf. Außerdem können mit Calcium angereicherte Lebensmittel (z.B. einige Fruchtsäfte) vermehrt in den Speiseplan integriert werden. Bei einer milch- und milchproduktfreien Ernährung ist die regelmäßige Überprüfung des Calciumspiegels im Blut eine sinnvolle Vorbeugung gegen Osteoporose. Falls die Laktoseintoleranz im Zuge einer Erkrankung des Verdauungssystems entstanden ist, kann nach der Behandlung der Krankheit von einem völligen Verschwinden des Laktasemangels ausgegangen werden. Nur in seltenen Fällen sind die Schäden des laktaseproduzierenden Gewebes so stark, dass es sich nicht mehr erholt.
|
Relevante Mikronährstoffe | |
Zur Förderung der Verdauungsleistung bei Laktoseintoleranz empfiehlt sich eine gezielte zeitnahe Enzymersatztherapie mit einem laktasehaltigen Präparat, das die Kapazität zur enzymatischen Milchsäurespaltung erhöht und die unerwünschte Symptomatik reduziert. Zink und Vitamin C sind eng mit Immun- und Heilprozessen assoziiert und fördern die Wiederherstellung einer gesunden Darmmukosa. Grünteeextrakt kann durch seine adstringierende Wirkung die Permeabilität der Darmmukosa für Antigene verringern und das Eindringen von Antigenen und pathogenen Keimen verhindern. Das enthaltene Epigallocatechin-3-Gallat fungiert als starker Elektronendonator und ist ein wirkungsvolles Antioxidans im Entzündungsprozess. Diese Effekte wurden sowohl im Dünndarm als auch im Dickdarm nachgewiesen. Kamillenextrakt stärkt durch seine antiphlogistischen und granulationsfördernden Eigenschaften den Heilungsprozess. L-Glutamin spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau und der Erhaltung von Zellsystemen. Zellen mit hohen Teilungsraten, wie die Zellen des Immunsystems und die Mukosazellen des Dünndarms, sind auf eine ausreichende Versorgung mit der Aminosäure Glutamin angewiesen. Außerdem ist L-Glutamin als Präkursor der Glutathionbiosynthese eine zentrale Komponente zur Erhaltung des antioxidativen Status. Bei der Prävention von Nahrungsmittelallergien scheinen probiotische Mikroorganismen eine wichtige Rolle zu spielen. Die Stimulation des darmeigenen Immunsystems (GALT) aktiviert die Immunabwehr und stimuliert die Immunzellproliferation, die Zytokinfreisetzung und die Antikörperproduktion. |