Vitamin K

Synonym(e): Menadion, Menaquinon, Phylloquinone, Vitamin K1, Vitamin K2
Nährstoffgruppe: Vitamine

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung

Vitamin K umfasst eine große Gruppe an Verbindungen mit einem 2-Methyl-1,4-Naphthochinongrundgerüst. Von Bedeutung sind aber nur die beiden natürlich vorkommenden Formen Vitamin K1 (Phyllochinon) und Vitamin K2 (Menachinon) sowie das synthetisch hergestellte wasserlösliche Vitamin K3 (Menadion). Vitamin K2 unterscheidet sich noch in natürlich vorkommendes Menaquinon-7 und in die pharmazeutisch verwendete Verbindung Menaquinon-4. Durch saisonale Schwankungen und analytische Schwierigkeiten gibt es kaum verlässliche Vitamin-K-Angaben in unterschiedlichen Lebensmitteln. Generell kann jedoch gesagt werden, dass alle grünen Gemüsearten (z.B. Brokkoli, Rosenkohl, Spinat, Mangold) sowie Hühnerfleisch und Rind reichlich Vitamin K enthalten. Auch die Darmflora ist in der Lage, Menachinon zu bilden. Bei der Nahrungsmittelzubereitung ist Vitamin K relativ unempfindlich – es treten kaum Verluste auf. Nur UV-Licht kann dem fettlöslichen Vitamin schaden.
 

Physiologische Effekte
Blut
  • Wichtiger Faktor der Blutgerinnung durch Synthese von Blutgerinnungsfaktoren
Knochen und Knorpel
  • Mineralisation des Knochens durch Carboxylierung von Osteocalcin
  • Unterstützung der Knorpelmineralisation durch Förderung der Chondrozytendifferenzierung
Herz-Kreislauf
  • Gla-Proteine beugen der Kalzifizierung von Gefäßen vor

EFSA Health Claims

Health Claims EFSA Opinion
Vitamin K
  • Trägt zu einer normalen Blutgerinnung bei
  • Trägt zum Erhalt normaler Knochen bei 
 

Referenzwerte

Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr D-A-CH
  Alter Vitamin K (µg/d)
Säuglinge (Monate)
  0-4 4
  4-12  10
Kinder (Jahre)
  1-4  15
  4-7  20
  7-10  30
  10-13  40
  13-15  50
Jugendliche/Erwachsene (Jahre) Frauen Männer
  15-19  60 70
  19-25  60  70
  25-51  60  70
  51-65  65  80
  > 65  65  80
Schwangere  60
Stillende  60
Erhöhter Bedarf Geringe Aufnahme von Gemüse, Malabsorption (z.B. durch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Cholangitis, Leberzirrhose und Pankreasinsuffizienz) 
Hinweis Diese Werte gelten als veraltet: Heute werden täglich 100 - 400 µg Vitamin K als notwendige Zufuhr gefordert.

 

Referenzwert laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung  
(=100 % TB-Kennzeichnung auf Etikett) 75 µg
Sicherheit des Nährstoffes  
UL
 
Langfristige tägliche Aufnahmemenge, bei der keine
negativen Einflüsse auf die Gesundheit zu erwarten sind
k.A.
 
NOAEL
 
Maximale Aufnahmedosis, die in Studien keine
schädigenden Auswirkungen verursachte

 30 mg/d

(30000 µg)

Sicherheit Die EFSA hat sich mit der Sicherheit von Vitamin K beschäftigt.

Besondere Informationen

Vitamin K wie „Koagulationvitamin“
Vitamin K ist die Kurzform für „Koagulationsvitamin“ – genannt nach seiner Wirkung bei der Aufrechterhaltung der Blutgerinnung. Hinter diesem Vitamin steckt keine einheitliche Substanz, sondern eine Gruppe an verschiedenen Substanzen mit Naphthochinonstruktur und antihämorrhagischer Aktivität. Dazu gehören Phyllochinon (Vitamin K1), Menachinon (Vitamin K2) und Menadion (Vitamin K3) (1). Im proximalen Dünndarm wird Vitamin K mittels aktiven Transports resorbiert. Wie bei allen fettlöslichen Vitaminen sind für die Aufnahme ausreichende Mengen an Gallensäure und Pankreasenzymen erforderlich (2).
 
Von der Blutgerinnung zum Knochenstoffwechsel in 50 Jahren
Ein halbes Jahrhundert lang ging die Wissenschaft davon aus, dass die Rolle bei der Synthese von Blutgerinnungsfaktoren die einzige wesentliche Aufgabe von Vitamiin K im Körper darstellt. Mit der Identifizierung der Vitamin-K-abhängigen Gla-Proteine wurde aber schnell deutlich, dass Vitamin K ein wesentlich breiteres Aktivitätsspektrum im Organismus hat, als bisher angenommen wurde. Die verschiedenen Gla-Proteine enthalten alle als typischen Bestandteil das γ-Carboxyglutamat (= Gla), für dessen Biosynthese Vitamin K benötigt wird. Zu den Gla-Proteinen zählen so unterschiedliche Substanzen wie das Prothrombin, das für die Blutgerinnung benötigt wird, das Osteocalcin, das Hydroxyapatit binden kann und dadurch an der Knochenmineralisierung beteiligt ist, das Matrix-Gla-Protein (MGP), welches die Kalzifizierung der Arterien und des Gewebes verhindert, oder der Wachstumsfaktor Gas-6, der bei der Knorpeldifferenzierung eine Rolle spielt. Während die Gla-Proteine für die Blutgerinnung in der Leber synthetisiert werden, werden die neu entdeckten Gla-Proteine in verschiedensten Geweben gebildet (3).
 
Untercarboxylierung als Biomarker für Vitamin-K-Mangel
Die molekulare Funktion des Vitamin K ist mittlerweile genau beschrieben: Es fungiert als Cofaktor für das Enzym Gamma-Glutamylcarboxylase (GGCX), das am endoplasmatischen Retikulum lokalisiert ist und die Umwandlung der Aminosäure Glutamin zu Gla katalysiert. Jedes Gla-Protein enthält mehrere dieser Gla-Strukturen, die an definierten Positionen sitzen. Bei einer Unterversorgung mit Vitamin K werden untercarboxylierte oder uncarboxylierte Gla-Proteine mit unzureichender Aktivität produziert. Diese fehlerhaften Gla-Proteine können ihre Funktionen nur noch eingeschränkt ausüben und führen zu weitreichenden Störungen. Sie gelten zudem als Biomarker für die Vitamin-K-Versorgung. Untercarboxyliertes Osteocalcin (ucOC) ist beispielsweise der sensitivste Marker für den Vitamin-K-Status und für eine Störung im Knochenstoffwechsel. Vitamin-K-Mangel ist auch die Erklärung für das Paradox einer Osteoporose mit einhergehender Gewebskalzifizierung. Hier ist sowohl die Carboxylierung von Osteocalcin als auch jene des Matrix-Gla-Proteins gestört (4).
 
Vitamin-K-Mangel scheint häufig
Vitamin-K-Statusbestimmungen über die Blutgerinnungsparameter, i.e. über die hepatischen Gla-Proteine bei gesunden Erwachsenen, zeigen in der Regel keine Untercarboxylierungen. Aufgrund dieser Tatsache wurden die Referenzwerte für die tägliche Zufuhr von Vitamin K bei 60 – 80 μg festgelegt. Werden aber die extrahepatischen Gla-Proteine auf Untercarboxylierung getestet, zeigt sich, dass bei nicht supplementierten Erwachsenen sowohl Osteocalcin als auch das Matrix-Gla-Protein zu 20 – 30 % in nicht carboxylierter – also unwirksamer - Form vorliegt. Erst bei einer zusätzlichen Zufuhr von > 1 mg Vitamin K1 oder 200 μg Vitamin K2 wird das Osteocalcin nahezu vollständig carboxyliert, so dass der Knochenstoffwechsel gewährleistet wird. Daraus abgeleitet wird nun die Forderung nach einer entsprechenden Erhöhung der täglichen Zufuhrempfehlung auf 100 – 400 μg Vitamin K.
 
Vitamin K2 – integraler Bestandteil der modernen Osteoporosetherapie
Eine verminderte Carboxylierung von Osteocalcin kann bei Osteoporosepatienten häufig beobachtet werden (5). Ebenso zeigen Studien einen Zusammenhang zwischen einer niedrigen alimentären Vitamin-K-Aufnahme, der Knochendichte und einem erhöhten Risiko für Oberschenkelhalsfrakturen. Bereits 1999 zeigte die amerikanische Längsschnittstudie Nurses' Health Study (NHS), in der mehr als 72.000 Frauen über zehn Jahre hinweg begleitet wurden, dass die Studienteilnehmerinnen mit der niedrigsten Vitamin-K-Zufuhr im Vergleich zu den Frauen mit der höchsten Zufuhr ein um 30 % höheres Hüftfrakturrisiko hatten (6). In einer japanischen Metaanalyse wurden randomisiert-kontrollierte Studien mit Erwachsenen, die mindestens sechs Monate Vitamin K1 oder Vitamin K2 substituierten, bewertet. Von den 13 klinischen Studien mit Daten über den Knochenabbau und sieben Studien über Frakturen zeigten alle Studien bis auf eine, dass die ergänzende Zufuhr von Vitamin K1 oder Vitamin K2 den Abbau der Knochendichte bremst. Insbesondere zwischen Vitamin K2 und der Knochendichte konnte ein Zusammenhang festgestellt werden. So zeigte sich in allen sieben Studien Vitamin K2 am wirksamsten. Es senkte das Risiko von Wirbelbrüchen um 60 %, von Hüftfrakturen um 77 % und das Risiko für alle Frakturen, die nicht den Wirbelapparat betreffen, um 81 % (7). Insbesondere auch Frauen in der Postmenopause scheinen von ergänzenden Vitamin-K-Gaben zu profitieren (8). Aufgrund ihrer Bedeutung für die Knochenmineralisation sollte in der Osteoporoseprävention und –therapie auf eine adäquate Versorgung mit Vitamin K geachtet werden.
 
Vitamin K auch bei Arthrose relevant
Auch bei Arthrose scheint Vitamin K Thema zu sein (9) (10). So konnten u.a. japanische Forscher nachweisen, dass eine niedrige Vitamin-K-Zufuhr einen Risikofaktor für eine Gonarthrose darstellt. Bei 719 Patienten wurde der Schweregrad einer Kniegelenksarthrose radiologisch bestimmt und parallel dazu die Nährstoffaufnahme über den Zeitraum von einem Monat erfasst. Unter den Ernährungsfaktoren war hierbei ausschließlich die Vitamin-K-Aufnahme mit der Prävalenz der Osteoarthrose assoziiert (9).
 
K1 oder K2? MK-4 oder MK-7?
Im direkten Vergleich der beiden Formen Vitamin K1 (Phylloquinon) und Vitamin K2 (Menaquinon-4 und Menaquinon-7) scheint das Vitamin K2 die biologisch aktivere Form zu sein. Bei Vitamin K2 unterscheiden sich aber die beiden Formen grundlegend: das Menaquinon-4 (MK-4), das in pharmakologischen Dosierungen (45 mg/d) eingesetzt wird, und das Menaquinon-7 (MK-7), das auch in niedrigeren Dosierungen therapeutische Effekte zeigt. Die Resorptionsrate von MK-7 ist im Vergleich zu K1 sechs- bis achtmal höher und seine Halbwertszeit im Plasma deutlich länger.

Labordiagnostik

Parameter Substrat Referenzwert Beschreibung

 

Vitamin K

 

 Serum/Plasma

50 - 600 ng/l

 Nüchtern (12 h Nahrungskarenz)

Interpretation
Verminderte Werte Vitamin-K-Mangel, Fehl- oder Mangelernährung, Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten
Erhöhte Werte Überdosierung von Vitamin K
Hinweis zu den Messergebnissen

Die Behandlung mit Cephalosporinen kann zu einem erniedrigten Vitamin-K-Spiegel im Blut führen.

Das Labor bestimmt lediglich den Vitamin-K1-Spiegel und berücksichtigt aus technischen Gründen das Vitamin K2 nicht. Deshalb können bei Vitamin-K-Messungen Mängel festgestellt werden, die nicht unbedingt stimmen müssen. Das untercarboxylierte Osteocalcin ist sowohl ein indirekter Indikator für den Vitamin-K-Status als auch ein Parameter für den Knochenstoffwechsel. Es erlaubt jedoch keine direkte Aussage über den Vitamin-K2-Status. Somit ist eine Therapiekontrolle nach Vitamin-K2-Supplementation zurzeit noch nicht möglich.

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Blut Erhöhte Blutungsneigung (Nasenbluten, Hämatome)
Verlängerung der Gerinnungszeit bei Verletzungen oder postoperativ
Knochen Störung des Knochenaufbaus, Abnahme der Knochendichte,
Osteoarthritis
Herz-Kreislauf Erhöhte Ca-Ausscheidung begünstigt Arteriosklerose

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Bei labordiagnostisch festgestelltem Vitamin-K-Mangel 50 - 100 µg/d
Begleitend therapeutisch bei Arthrose  100 µg/d
Präventiv und therapiebegleitend bei Osteoporose und Osteopenie  100 µg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 

Vitamin K sollte während oder nach den Mahlzeiten eingenommen werden. 

Hinweis:

  • Die frühere Empfehlung, bei Marcumartherapie die Vitamin-K-Zufuhr zu vermeiden, ist überholt. Bei einer starken Veränderung der Ernährungsweise oder bei einer zusätzlichen regelmäßigen Zufuhr eines Vitamin-K-haltigen Supplements kann eine Neuanpassung der Arzneimitteldosis notwendig werden.
  • Der Schwellenwert liegt bei 50 μg zusätzliches Vitamin K/Tag.
Nebenwirkungen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Nebenwirkunngen bekannt.
Kontraindikationen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Kontraindikationen bekannt.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Bisphosphonate (z.B. Alendronsäure) Verbesserung der Wirksamkeit von Bisphosphonaten.
Antibiotika (alle Klassen) Verringern die Biosynthese von Vitamin K durch die Darmflora.
Kortikosteroide Vitamin K wirkt kortikoidinduzierter Osteoporose entgegen.
Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocoumon) Dosen über 50 µg/Tag Vitamin K2 können die blutverdünnende Wirkung der Vitamin-K-Antagonisten verringern.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Vitamin E Hohe Dosen von Vitamin E können die Blutungszeit durch Vitamin-K-Antagonisten verlängern.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Fettlösliches Vitamin
Verbindungen
  • Phyllochinon: Vitamin K1
  • Menaquinon-7: Vitamin K2
  • Die Speicherfähigkeit von Vitamin K beträgt nur ein bis zwei Wochen

Referenzen

Referenzen

1 Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
2 Gröber, U. Orthomolekulare Medizin: Ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte, 3. unveränderte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2008.
3 Cranenburg, E. C., Schurgers, L. J., Vermeer, C. 2007. Vitamin K: the coagulation vitamin that became omnipotent. Thromb Haemost. 98(1):120-5.
4 Vermeer, C. 2012. Vitamin K: the effect on health beyond coagulation - an overview. Food Nutr Res. 56:5329-5335.
5 Furusyo, N. et al. 2012. The serum undercarboxylated osteocalcin level and the diet of a Japanese population: results from the Kyushu and Okinawa Population Study (KOPS). Endocrine. 43(3):635-642. doi: 10.1007/s12020-012-9803-z.
6 Feskanich, D. et al. 1999. Vitamin K intake and hip fractures in women: a prospective study. Am J Clin Nutr. 69(1):74-9.
7 Cockayne, S. et al. 2006. Vitamin K and the prevention of fractures: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Arch Intern Med. 166(12):1256-61.
8 Schaafsma, A. et al. 2000. Vitamin D3 and vitamin K1 supplementation of dutch postmenopausal women with normal and low bone mineral densities: effects on serum 25-hydroxyvitamin D and carboxylated osteocalcin. Eur J Clin Nutr. 54(8):626–631.
9 Oka, H. et al. 2009. Association on low diatary vitamin K intake with radiographic knee osteoarthritis in the Japanese elderly population: dietary survey in a population-based cohort of the ROAD study. J Orthop Sci. 14(6):687-92.
10 Neogi, T. et al. 2006. Low vitamin K status is associated with osteoarthritis in the hand and knee. Arthritis Rheum. 54(4):1255-61. doi: 10.1002/art.21735.


Referenzen Interaktionen

1 Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
2 Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.

3 Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

 

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