Bor

Synonym(e): Borsäure
Nährstoffgruppe: Mineralstoffe & Spurenelemente

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung

Bor ist ein Halbmetall, welches in Böden in unterschiedlich hohen Konzentrationen vorkommt. Als struktureller Baustein in pflanzlichen Zellwänden essentiell, kommt das Halbmetall hauptsächlich in pflanzlicher Ernährung vor. So führen Vegetarier mehr Bor zu sich als Mischköstler.
Als besonders borreich gelten Rosinen, Rotwein, Pflaumen, Nüsse und Avocado, während Milchprodukte und Fleisch nur geringe Mengen an Bor liefern. Über eine borreiche Ernährung werden schätzungsweise 3,25 mg Bor je 2000 kcal aufgenommen, eine borarme Ernährung liefert hingegen lediglich 0,25 mg je 2000 kcal (1).
 

Physiologische Effekte
Knochenstoffwechsel
  • Verminderung der Ausscheidung von knochenwirksamen Mikronährstoffen wie Calcium, Magnesium, Phosphor und Vitamin D
  • Unterstützung der gesunden Knochendichte durch Erhöhung des Östrogenspiegels (17-β-Östradiol)
Hormonsynthese
  • Cofaktor bei der Bildung von Steroidhormonen
  • Schützt Steroidhormone vor vorzeitigem Abbau
Prostatagesundheit
  • Antiproliferative Wirkung auf Prostatakarzinomzellen

Besondere Informationen

Bor als Stoffwechselregulator von Mikronährstoffen und Steroidhormonen
Physiologisch gesehen reguliert Bor die Aktivität vieler Enzyme sowie den Metabolismus der Steroidhormone und bestimmter Mikronährstoffe wie Calcium, Magnesium und Vitamin D. Bei einer borarmen Ernährung kommt es zu erhöhten Calciumverlusten über den Urin. Auch eine Verschlimmerung von Vitamin-D-Mangelsymptomen, wie Knochendeformationen, können beobachtet werden (2).
 
Bor in Therapie und Prophylaxe von Osteoporose und Arthrose
Bor gilt als einer der Newcomer in der nutritiven Prävention und Therapie von Osteoporose und Arthrose. Über mehrere Ebenen kann Bor positiv in den Knochenstoffwechsel eingreifen. Zum einen erhält es die Homöostase von Calcium und Magnesium. Es reduziert die renale Ausscheidung von Calcium und erhöht so die Calciumkonzentrationen im Blut. Zum anderen beeinflusst Bor als Hydroxygruppendonator über die Hydroxylierung von 25-OH-Cholecalciferol den Spiegel von aktivem Vitamin D (2). Nicht zuletzt lässt sich die knochenprotektive Wirkung auch auf seine Funktion bei der 17-Beta-Östradiolbildung zurückführen (3). Human- und Tierstudien dokumentieren einen knochenhärtenden Effekt durch die Gabe von Bor (4) (5) (6). Untersuchungen zeigen auch einen Zusammenhang mit Arthrose. Bor beeinflusst den Kortikosteroidstoffwechsel und reduziert so die Symptome von Arthritis (2). Menschen mit rheumatoider Arthritis haben im Vergleich zu Gesunden geringere Konzentrationen an Bor in Knochen und Synovialflüssigkeit. Epidemiologische Daten zeigen zudem, dass in Gebieten, in denen die Borzufuhr 1 mg oder weniger beträgt, die geschätzte Arthroseinzidenz zwischen 20 und 70 % liegt, während sich diese in Gebieten mit einer Boraufnahme von 3 bis 10 mg auf 0 bis 10 % beläuft (4).
 
Bor antiinflammatorisch wirksam
Das Arthrosegeschehen wird durch die antiinflammatorischen Effekte von Bor subjektiv gelindert. Zurückzuführen ist die antiphlogistische Wirkung von Bor vermutlich auf die Reduktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) sowie die Hemmung der Lipoxygenase und Cyclooxygenase, welche Schlüsselhormone der Entzündungskaskade sind (7) (8).
 
Bor beeinflusst Metabolismus der Steroidhormone
Eine Reihe von Studien dokumentiert den Einfluss von Bor auf den Metabolismus der Steroidhormone. Die chemische Natur von Bor erlaubt dem Mineral die Bildung von Komplexen mit organischen Strukturen, die über Hydroxylgruppen verfügen. Solche Hydroxylierungsprozesse sind unter anderem bei der Synthese von 17-Beta-Östradiol und Testosteron notwendig. Frauen in der Postmenopause können von der ergänzenden Einnahme von Bor profitieren (2). Die sieben-wöchige ergänzende Einnahme von 3 mg Bor täglich führte bei postmenopausalen Frauen zu einer Verdoppelung des 17-Beta-Östradiolspiegels und der Testosteronkonzentrationen (9). Auch bei Männern, die über 4 Wochen 10 mg Bor in Form von Natriumtetraborat erhielten, kam es zu einem signifikanten Anstieg der 17-Beta-Östradiolspiegel und zu einem leichteren Anstieg der Plasmakonzentrationen an Testosteron (10). Zu der Funktion von Bor im Steroidhormon- und Mineralstoffwechsel gibt es widersprüchliche Studienergebnisse. Vermutlich kommt die Wirkung von Bor in diesen Metabolismen zum Tragen, wenn entweder Vitamin D, Magnesium oder beide mangelhaft über die Ernährung zugeführt werden (11).
 
Bor reduziert Inzidenz des Prostatakarzinoms
Eine erhöhte orale Boraufnahme scheint die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, einen Prostatakrebs zu entwickeln. 2007 untersuchte eine amerikanische Studie die Korrelation zwischen der Prostatakarzinominzidenz und -mortalität und den Grundwasserkonzentrationen an Bor und Selen. Während die Selenspiegel im Grundwasser keinerlei Auswirkungen zeigten, korrelierte eine erhöhte Borkonzentration im Wasser mit einem reduzierten Risiko für die Inzidenz wie auch für die Mortalität von Prostatakrebs (12). Auch bei einer weiteren Studie war der Zusammenhang zwischen Bor und Prostatakrebs Gegenstand der Untersuchung. Wissenschaftler aus der Türkei verglichen hierfür Männer, die in Borminen arbeiteten oder in Dörfern mit hohen Borspiegeln im Trinkwasser lebten, mit einer Kontrollgruppe. Die tägliche Boraufnahme wurde über die renale Borausscheidung kalkuliert. Die Forscher stellten zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede bei den Werten an prostataspezifischem Antigen (PSA) fest. Dennoch wiesen Männer, die hohen Borkonzentrationen ausgesetzt waren, im Vergleich zur Kontrollgruppe bei der Biopsie ein signifikant geringeres Prostatavolumen auf. Laut den Forschern greift Bor vermutlich in die zellulären Prozesse der Prostata ein und beeinflusst so vermutlich eine Hyperplasie bzw. Karzinogenese (13).
 
Bor beeinflusst neurologische, psychische und kognitive Funktionen
Bor kann Einfluss auf die Gehirnfunktionen sowie auf kognitive und neurologische Parameter nehmen. Bei Borverarmung des Körpers kommt es zu einer Verminderung der elektrischen Gehirnaktivität. Aufmerksamkeit, Geschicklichkeit oder Kurzzeitgedächtnis verschlechtern sich (14). Die ergänzende Einnahme von Bor kann die kognitiven und psychischen Funktionen verbessern. Eine borreiche Ernährung ist in Studien an gesunden älteren Männern und Frauen mit besseren kognitiven und psychomotorischen Fähigkeiten assoziiert. (15)
 
Bor scheint Zahnhalteapparat günstig zu beeinflussen
Bor scheint sowohl die odontogene als auch die osteogene Differenzierung von Stammzellen menschlicher Zähne zu erhöhen, was darauf schließen lässt, dass Bor eine wichtige Rolle während der Wachstums- und Entwicklungsphase der Zähne übernimmt. Aktuelle Untersuchungen können zwar keine positiven Auswirkungen einer Borsupplementierung auf die Zahnstruktur nachweisen, verweisen aber auf eine Erhöhung der alveolären Knochenmineraldichte. Weiters führte in einer Mäusestudie der gezielte Entzug einer borreichen Ernährung zu verminderter alveolärer Knochenbildung. Bor könnte sich in Zukunft also als essentieller Mikronährstoff zur Erhaltung des Zahnhalteapparates herausstellen.


Zu hohe Bordosierungen führen in diversen Tierstudien aber zu einer Reduzierung der Phosphatkonzentrationen und weisen somit schädliche Effekte auf den Mineralisationsprozess des Zahns auf. Mehr Untersuchungen in diesem Bereich sind demzufolge noch nötig, um potentiell schädliche Effekte einer (zu) hohen Boraufnahme ausschließen zu können.

Referenzwerte

Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr D-A-CH 
  Alter Bor (mg/d)
Säuglinge (Monate)
  0-4  k. A.
  4-12  k. A.
Kinder (Jahre)
  1-4  k. A.
  4-7  k. A.
  7-10  k. A.
  10-13  k. A.
  13-15  k. A.
Jugendliche/Erwachsene (Jahre) Frauen Männer
  15-19  k. A.  k. A.
  19-25  k. A.  k. A.
  25-51  k. A.  k. A.
  51-65  k. A.  k. A.
  > 65  k. A.  k. A.
Schwangere  k. A.
Stillende  k. A.
Erhöhter Bedarf Alter, Arthrose, Osteoporose  
Akzeptierte Aufnahme für Erwachsene laut WHO 1 - 13 mg/d
 
Referenzwert laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung  
(= 100 % TB-Kennzeichnung auf Etikett) k. A.
Sicherheit des Nährstoffes  
UL
 
Langfristige tägliche Aufnahmemenge, bei der keine negativen Einflüsse auf die Gesundheit zu erwarten sind 10 mg/d (laut EFSA)
NOAEL
 
Maximale Aufnahmedosis, die in Studien keine schädigenden Auswirkungen verursachte 9,6 mg/d
Sicherheit Die EFSA hat sich mit der Sicherheit von Bor beschäftigt.

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Knochenstoffwechsel Negative Einflüsse auf die Knochendichte durch erhöhte Verluste an Calcium und Magnesium
Hormonhaushalt Verminderung der Steroidhormonspiegel
Prostatagesundheit Verminderte Hemmwirkung auf Wachstumsfaktoren (IGF) in der Karzinogenese von Prostatatumoren

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zur Erhöhung der Zufuhr bei borarmer Ernährung 3 mg/d
Zur gezielten Behandlung von Bormangelzuständen bei einem labordiagnostisch festgestellten erniedrigten Borstatus 3 mg/d
Therapiebegleitend bei Osteoporose und Arthrose 3 mg/d
Pharmakologische Effekte
mit hohen Nährstoffdosierungen
Therapiebegleitend bei Prostatakarzinom 6 - 9 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Bor sollte zwischen den Mahlzeiten (60 Min. zuvor) eingenommen werden, da andere Mikronährstoffe und Nahrungsbestandteile die Resorption stören können.
Nebenwirkungen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Nebenwirkungen bekannt.
Kontraindikationen
In der Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit dem Arzt verwenden.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Spurenelemente Calcium, Kupfer und Magnesium können die Resorption von Bor beeinträchtigen.
Vitamine Hohe Dosen von Bor können zu einer vermehrten Vitamin-B2-Ausscheidung führen.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
  • Spurenelement
  • Formel: B
  • Ion: unbekannt
Verbindungen

Borsäure:

  • Kommt natürlich in freier Form in heißen Quellen sowie als Mineral (Sassolin) in der Natur vor
  • Enthält 17,49 % Bor

Borax:

  • Kommt in der Natur als das Mineral Tinkal sowie als Bestandteil der Sole von Salzseen vor
  • Enthält 11,34 % Bor

Referenzen

Referenzen

1) http://www.nlm.nih.gov/medlineplus/druginfo/natural/894.html, Stand: 5.7.2013.
2) Devirian, T. A. et al. 2003. The Physiological Effects of Dietary Boron. Critical Reviews in Food Science and Nutrition 43, Nr. 2: 219–231. doi:10.1080/10408690390826491.
3) Nielsen, F. et al. 1988. Effect of dietary boron on mineral, estrogen, and testosterone metabolism in postmenopausal women. Maturitas 10, Nr. 3: 245. doi:10.1016/0378-5122(88)90033-3.
4) Newnham, R. E. 1994. Essentiality of Boron for Healthy Bones and Joints. Environmental Health Perspectives 102: 83. doi:10.2307/3431968.
5) Hakki, S. S. et al. 2013. Boron enhances strength and alters mineral composition of bone in rabbits fed a high energy diet. Journal of Trace Elements in Medicine and Biology 27, Nr. 2: 148–153. doi:10.1016/j.jtemb.2012.07.001.
6) Naghii, M. R. et al. 2006. Effects of boron and calcium supplementation on mechanical properties of bone in rats. BioFactors 28, Nr. 3-4: 195–201. doi:10.1002/biof.5520280306.
7) Penland, J. G. 1994. Dietary Boron, Brain Function, and Cognitive Performance. Environmental Health Perspectives 102: 65. doi:10.2307/3431965.
8) Hall, I. et al. 1994. Hypolipidemic, Anti-Obesity, Anti-Inflammatory, Anti-Osteoporotic, and Anti-Neoplastic Properties of Amine Carboxyboranes. Environmental Health Perspectives 102: 21. doi:10.2307/3431958.
8b) Hall, I. et al. 1995. The Anti-Inflammatory Activity of Boron Derivatives in Rodents. Metal-Based Drugs 2, Nr. 1: 1–12. doi:10.1155/mbd.1995.1.
9) Nielsen, F. et al. 1988. Effect of dietary boron on mineral, estrogen, and testosterone metabolism in postmenopausal women. Maturitas 10, Nr. 3: 245. doi:10.1016/0378-5122(88)90033-3.
10) Naghii, M. R. and S. Samman. 1997. The effect of boron supplementation on its urinary excretion and selected cardiovascular risk factors in healthy male subjects. Biological Trace Element Research 56, Nr. 3: 273–286. doi:10.1007/bf02785299.
11) Meacham, S. L. et al. 1994. Effects of Boron Supplementation on Bone Mineral Density and Dietary, Blood, and Urinary Calcium, Phosphorus, Magnesium, and Boron in Female Athletes. Environmental Health Perspectives 102: 79. doi:10.2307/3431967.
12) Barranco, W. T. et al. 2007. Evaluation of ecological and in vitro effects of boron on prostate cancer risk (United States). Cancer Causes & Control 18, Nr. 1: 71–77. doi:10.1007/s10552-006-0077-8.
13) Müezzinoğlu, T. et al. 2011. Prevalence of Prostate Cancer in High Boron-Exposed Population: A Community-Based Study. Biological Trace Element Research 144, Nr. 1-3: 49–57. doi:10.1007/s12011-011-9023-z.
14) Penland, J. G. 1998. The importance of boron nutrition for brain and psychological function. Biological Trace Element Research 66, Nr. 1-3: 299–317. doi:10.1007/bf02783144.
15) Penland, J. G. 1994. Dietary Boron, Brain Function, and Cognitive Performance. Environmental Health Perspectives 102: 65. doi:10.2307/3431965.

Referenzen Interaktionen

Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning – Prävention – Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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