Mikronährstofftherapie
Selen und dessen Funktion in der Schilddrüse | |
Die Schilddrüse weist aufgrund der Expression verschiedener Selenoproteine den höchsten Selengehalt des menschlichen Körpers auf. Prinzipiell unterscheidet man die Glutathionperoxidase als antioxidatives Schutzsystem des Körpers, Thioredoxinreduktasen (die antioxidative Prozesse unterstützen, aber auch Transkriptionsfaktoren mitregulieren) und verschiedene Deiodinasen, deren Wirkung hauptsächlich von der Lokalisation im Körper abhängt (etwa Umbau von T4 (Thyroxin) in T3 (Trijodthyronin) und T3 in T2 (Dijodthyronin) in Schilddrüse und Muskeln). Selen spielt außerdem bei der Synthese der Schilddrüsenhormone T3 und T4 eine essentielle Rolle. Vor allem Personen, die an einem Selenmangel leiden, können von einer zusätzlichen Selenaufnahme profitieren. Bedingt durch eine Zunahme der T4-Produktion kommt es mit zunehmendem Alter auch zu einer Veränderung des T3-/T4-Verhältnisses, wodurch eine durch Selen herbeigeführte mögliche Erhöhung der T3-Synthese bei älteren Menschen wünschenswert ist. |
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Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) | |
Eine Hypothyreose entsteht durch eine langfristig verringerte Produktion von Schilddrüsenhormonen. Der Mangel an diesen Hormonen kann etwa durch eine verminderte Stimulation mittels Hypophyse, defekter Hormonsynthese oder beeinträchtigtem zellulären Umbau von T3 zu T4 entstehen. Allgemeine Symptome einer Hypothyreose sind Antriebslosigkeit, Ermüdungserscheinungen, kalte Hände und Füße sowie depressive Zustände. Eisen ist ein wesentlicher Cofaktor für die endogene Bildung von Schilddrüsenhormonen. Ein Mangel an Eisen beeinträchtigt die Schilddrüsenfunktion durch eine erniedrigte TPO-Aktivität. Die im Eisenmangel beobachteten veränderten Schilddrüsenparameter besitzen zwar per se noch keinen Krankheitswert, können jedoch in Verbindung mit anderen Faktoren bei Jodmangelstruma oder Autoimmunthyreoiditis Relevanz erlangen. Je stärker der Eisenmangel, desto ausgeprägter scheinen die negativen Effekte auf die Schilddrüse zu sein, vor allem bezüglich Strumaentwicklung und der Bildung von Schilddrüsenhormonen. Es gilt aber auch: Je stärker der Jodmangel, desto negativer scheinen die Auswirkungen des Eisenmangels auf die Schilddrüse zu sein. Eisenmangel beeinträchtigt auch die therapeutischen Erfolge einer Jodsubstitution. In mehreren klinischen Interventionsstudien konnten gezeigt werden, dass bei Kindern mit Struma und gleichzeitigem Eisenmangel durch eine kombinierte Eisen-/Jodsupplementierung Schilddrüsengröße und Schilddrüsenhormonstatus günstiger beeinflusst werden als bei Kindern mit ausschließlicher Jodsubstitution. |
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Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) | |
Eine Überfunktion der Schilddrüse wird in mehr als 95 % der Fälle durch die Basedowsche Erkrankung (Morbus Basedow) oder durch eine funktionelle Autonomie verursacht. Typische Symptome einer Hyperthyreose sind Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen und erhöhter Appetit. Bei einer Schilddrüsenüberfunktion ist auch eine Verringerung der Coenzym-Q10-Plasma-Level bekannt. Laut Studie wird dieses Defizit auf die bei Hyperthyreose erhöhte Mitochondrienaktivität zurückgeführt, da durch die Beschleunigung der mitochondrialen Atmungskette mehr Coenzym Q10 verbraucht wird. Durch die erhöhte Stoffwechselaktivität und den Einfluss der Schilddrüse auf die Vitamin-B2-Konzentration sind generell ein erhöhter oxidativer und nitrosativer Stress sowie eine Hyperhomocysteinämie zu bedenken und es ist eine darauf bezogene nutritivmedizinische Behandlung in Betracht zu ziehen. |
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Mikronährstoffe bei autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen | |
Hashimoto-Thyroiditis ist die häufigste Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche bei ausreichend hohen Jodspiegeln auftritt. Durch einen fehlgeleiteten Mechanismus des Immunsystems kommt es zu einer Zerstörung des Gewebes durch T-Lymphozyten. Dies führt zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse. Die Krankheit kann sich im Anfangsstadium mit Symptomen einer Hyperthyreose, wie etwa Nervosität, Herzrasen und Heißhunger, äußern. Im späteren Verlauf stehen aber die Symptome einer Hypothyreose im Vordergrund: Eine verringerte Körpertemperatur, depressive Verstimmungen und Antriebslosigkeit bestimmen den Krankheitsverlauf. Mehrere Studien zeigen, dass Selen zu einer signifikanten Reduktion der Anti-Thyroid-Peroxidase-Antikörper (Anti-TPO-Antikörper) führt. Diese Verringerung der Antikörperkonzentration kann sowohl nach sechs Monaten als auch nach neun und zwölf Monaten nachgewiesen werden und unterstreicht somit die Bedeutung einer langfristigen Selenaufnahme. Unabhängig von der Reduktion der Antikörper kann auch eine Verbesserung des Wohlbefindens der Patienten erreicht werden, erklärbar möglicherweise durch die direkte Wirkung des Selens auf zerebrale und kognitive Funktionen. |