Alpha-Liponsäure

Synonym(e): Thioctsäure
Nährstoffgruppe: Vitaminoide

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung

Alpha-Liponsäure ist eine schwefelhaltige Fettsäure, die in Lebensmitteln in erster Linie aus lipoamidhaltigen Enzymen stammt und an die Aminosäure Lysin (Lipoyllysine) gebunden ist.
Da Alpha-Liponsäure insbesondere in Geweben mit hoher Mitochondrienanzahl und intensivem Energiestoffwechsel enthalten ist, liefern dementsprechend auch tierische Produkte wie Leber, Herz und Niere nennenswerte Mengen. Pflanzliche Lieferanten für Alpha-Liponsäure sind Spinat, Brokkoli und Tomaten. Auch Hefe gilt als eine gute Quelle für diese Fettsäure. Genaue Informationen über den Gehalt von Alpha-Liponsäure in Lebensmitteln sind jedoch begrenzt. 
 

Physiologische Effekte
Energiestoffwechsel
  • Unterstützt die ATP-Produktion aus Kohlenhydraten
  • Einschleusung von Kohlenhydraten in den Citratzyklus
Nervensystem
  • Analgetische Wirkung
  • Verbesserung der neuronalen Glukoseverwertung
  • Steigerung des neuronalen Glutathionspiegels
Glukosestoffwechsel
  • Steigerung der Glukoseverwertbarkeit und Glykogensynthese
Antioxidans
  • Schutz vor freien Radikalen, Lipidoxidation, Reparatur oxidativ geschädigter Proteine. Stimulation der Glutathionsynthese und Regeneration von bereits „verbrauchten“ Antioxidantien
Leberstoffwechsel
  • Wirkt schützend auf Leberzellen und unterstützt die Entgiftung
Endothelien
  • Gefäßschutz durch die Verbesserung der NO-induzierten Vasodilatation

Referenzwerte

Bedarf
Alpha-Liponsäure zählt zu den konditionell essentiellen Nährstoffen. Unter normalen Umständen kann sie ausreichend vom Körper synthetisiert werden, aber im Krankheitsfall oder unter besonderen physiologischen Bedingungen scheint die Synthese inadäquat zu sein.
Erhöhter Bedarf Erhöhte oxidative Belastung (z.B. durch Rauchen, Sport), Alkoholabusus, Diabetes mellitus, radikalassoziierte Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer, Leberregeneration und Schwermetallausleitung 
Besondere Risikogruppen für
einen Mangel
Diabetes mellitus, Schwermetallbelastung

Besondere Informationen

Ein universelles Antioxidans
Alpha-Liponsäure (Thioctsäure) ist eine körpereigene schwefelhaltige Substanz, die als universelles Antioxidans an vielen Stoffwechselvorgängen im lipophilen und im hydrophilen Milieu beteiligt ist. Mittlerweile wird vermutet, dass Alpha-Liponsäure zu den konditionell essentiellen Nährstoffen zählt, die unter normalen Umständen ausreichend vom Körper synthetisiert werden, deren Biosynthese aber im Krankheitsfall oder unter besonderen physiologischen Bedingungen inadäquat zu sein scheint (1).
 
Alpha-Liponsäure bei diabetischen Folgeerkrankungen

Mittlerweile gilt als gesichert, dass oxidativer Stress als Hauptursache für die Entwicklung von diabetischen Polyneuropathien anzusehen ist. Dies wird auch durch die Tatsache unterstützt, dass bei Diabetikern das Auftreten von freien Radikalen mit der Schwere der Neuropathien korreliert (2). Polyneuropathien sind Sensibilitätsstörungen vor allem an Händen und Füßen, motorische Einschränkungen wie Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen und Störungen des autonomen Nervensystems, die sich in einer verminderten Darmperistaltik, Diarrhoe, Erbrechen oder Impotenz äußern können. Zusammen mit mikroangiopathischen Veränderungen der Blutgefäße, die die Nerven versorgen, führen sie zu einer komplexen Symptomatik, die die Gesamtprognose des Diabetikers maßgeblich bestimmt.

Alpha-Liponsäure greift hemmend in diese Vorgänge ein und kann die Entstehung der Komplikationen verhindern oder die bestehende Symptomatik verbessern. In kontrollierten klinischen Studien konnten durch die orale Substitution von 800 mg/Tag über vier Monate neuropathische Störungen signifikant gemildert werden (3). Die Nervenleitgeschwindigkeit ließ sich erhöhen (4) und eine kardiale autonome Myokardischämie durch einen Anstieg der Herzfrequenzvariabilität verbessern (5). Auch die periphere Insulinsensitivität sowie die Glukoseaufnahme werden durch Alpha-Liponsäure gefördert (6).
 

Alpha-Liponsäure bei chronischer Metallintoxikation
Als weiteres Indikationsgebiet gelten chronische Metallintoxikationen, bei denen die Alpha-Liponsäure zur Schwermetallausleitung und zur Stärkung der Leberfunktionen dient. Sie ist zudem fester Bestandteil von Entgiftungstherapien bei „multiple chemical sensitivity“(7).
 
Alpha-Liponsäure als Leberzellschutz
Alpha-Liponsäure scheint nicht nur eine wichtige Rolle bei der Entgiftung, sondern auch bei der Regenerationsfähigkeit von Leberzellen zu spielen. Diese Fähigkeit beruht einerseits auf der Rolle als Antioxidans, andererseits auf der Funktion bei der Synthese von Glutathion. In einer Studie mit Ratten wurden diese mit mehrfach ungesättigten Omega-6-Fettsäuren (n-6 PUFA) gefüttert. Die Folgen waren Leberverfettung, Apoptose, Fibrose und allgemeine Entzündungen. Alle negativen Auswirkungen der n-6-PUFAs-Fütterung konnten durch die Gabe von Alpha-Liponsäure signifikant reduziert werden (8).

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Energiestoffwechsel Mitochondriale Dysfunktion mit Anstieg von Laktat und Pyruvat
Oxidativer Stress Erhöhtes Risiko für radikalassoziierte Erkrankungen
Oxidation von LDL-Partikeln im Blut und PUFAs in den Zellmembranen
Diabetische Stoffwechsellage Hyperglykämische Polyneuropathien, Angiopathien und Nephropathien

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Alpha-Liponsäure sollte 30 – 45 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen werden, da Nahrung die Bioverfügbarkeit reduziert.
Nebenwirkungen
In seltenen Fällen treten gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Durchfall) auf. Aufgrund der Verbesserung der Glukoseverwertung kann es unter Umständen zu einem Abfall des Blutzuckerspiegels mit Schwindel und Kopfschmerzen kommen.
Kontraindikationen
Von der Anwendung während der Schwangerschaft sollte aufgrund mangelnder Untersuchungen abgeraten werden bzw.  im Falle einer Schwangerschaft eine Therapie nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Antidiabetika (z.B. Metformin, Glimepirid) Die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin und oralen Antidiabetika kann durch Alpha-Liponsäure verstärkt werden.
Cholinesterasehemmer (z.B. Donopezil, Rivatsigmin) Alpha-Liponsäure erweitert die antidementive Wirkung von Cholinesterasehemmern.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Spurenelemente Calcium, Eisen, Magnesium, Mangan, Zink und Kupfer bilden bei gleichzeitiger Einnahme Komplexe und führen zu einer Verringerung der oralen Bioverfügbarkeit von Alpha-Liponsäure. Dieser Effekt wird bei einer Schwermetallvergiftung zur Ausleitung genutzt.
Vitamine Alpha-Liponsäure regeneriert Vitamin C und Vitamin E und unterstützt die antioxidative Wirkung.
Vitaminoide Coenzym Q10 und Alpha-Liponsäure unterstützen sich in ihren antioxidativen Wirkungen.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Vitaminoid
Verbindungen
  • R-alpha-Liponsäure
  • S-alpha-Liponsäure

Referenzen

Referenzen

1) Kendler, B. S. 2006. Supplemental Conditionally Essential Nutrients in Cardiovascular Disease Therapy. The Journal of Cardiovascular Nursing 21(1):9–16. doi:10.1097/00005082-200601000-00004.
2) Ziegler, D. 2004. Thioctic Acid for Patients with Symptomatic Diabetic Polyneuropathy. Treatments in Endocrinology 3(3):173–189. doi:10.2165/00024677-200403030-00005.
3) Bonnefont-Rousselot, D. 2004. The Role of Antioxidant Micronutrients in the Prevention of Diabetic Complications. Treatments in Endocrinology 3(1):41–52. doi:10.2165/00024677-200403010-00005.
4) Negrisanu, G. et al. 2000. Effect of thioctic acid on diabetic somatic neuropathy. Diabetes Research and Clinical Practice 50: 268. doi:10.1016/s0168-8227(00)80912-2.
5) Gröber, U. 2002. Orthomolekulare Medizin. ein Leitfaden für Apotheker und Ärzte. Stuttgart (Wiss. Verlag-Ges.).
6) Hahn, A. et al. 2005. Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention und Therapie. Stuttgart (Wiss. Verlag-Ges.).
7) Fuchs, N. 2001. Mit Nährstoffen heilen. Eine Einführung in die komplexe orthomolekulare Nährstoff-Therapie. Köln: Ralf Reglin Verlag, 2011.
8) Kaya-Dagistanli, F. et al. 2013. The effects of alpha lipoic acid on liver cells damages and apoptosis induced by polyunsaturated fatty acids. Food and Chemical Toxicology 53:84–93. doi:10.1016/j.fct.2012.11.026.

Referenzen Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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