Lecithin

Synonym(e): Phosphatidylcholine, Phospholipide, Sojalecithin, Sonnenblumenlecithin
Nährstoffgruppe: Vitaminoide, Fettsäuren

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung
Lecithine (auch: Phosphatidylcholine) zählen zu den Phospholipiden und sind in höheren Mengen in Sojaprodukten und Eigelb enthalten. Auch Sonnenblumenkerne, Erdnüsse, Mais oder Milch liefern Phosphatidylcholine.
 
Physiologische Effekte
Nervensystem
  • Wesentlicher Bestandteil aller Zellmembranen
  • Als Cofaktor am Aufbau der Myelinschicht beteiligt
Neurotransmittersynthese
  • Synthese von Acetylcholin
  • Funktion als second messenger
Fettstoffwechsel
  • Bestandteil der Gallenflüssigkeit und wirkt der Akkumulation von Fetten in der Leber entgegen
Entgiftung
  • Unterstützt die Enzymaktivität der Leber bei Entgiftung von Alkohol, Umweltgiften und Medikamenten
Blut
  • Beeinflussung der Blutdruckregulation und Thrombozytenaggregation als Bestandteil des PAF (platelt-activation factors)

Referenzwerte

Bedarf
Erhöhter Bedarf Schwangerschaft, Wachstum, Alkoholabusus, hoher Konsum gehärteter Fette, Rauchen, Krankheiten (wie Allergien, Diabetes mellitus), Multiple Sklerose, Neurodermitis, PMS, Rheuma 
Besondere Risikogruppen für
einen Mangel
Lebererkrankungen, Demenz, Morbus Alzheimer

Besondere Informationen

Lecithin und Phospholipide: Nährstoffe mit multiplen Aufgaben
Lecithin und die darin enthaltenen Phospholipide sind mit Cholin veresterte Phosphorsäuren. Durch die Cholinkomponente kommt dem Lecithin besondere physiologische Bedeutung zu. Es ist für die Erhaltung der Integrität von Zellmembranen sowie deren Funktionsfähigkeit von zentraler Bedeutung, ist als Bestandteil des Neurotransmitters Acetylcholin an der Reizübertragung im Nervensystem beteiligt und kann als Komponente des „platelet activating factors“ Einfluss auf Entzündungsreaktionen, Thrombozytenaggregation und Blutdruckgeschehen ausüben (1). In der Leber führt Lecithin zu einer Senkung des Cholesterinspiegels und bei pathologisch verändertem Lipoproteinmuster zu dessen Normalisierung. Lecithin besitzt zudem Leberschutzwirkung und vermag bei lebertoxischen Schäden die erhöhten Serumtransaminasewerte zu senken (2).
 
Leberprotektive Eigenschaften von Lecithin
Klinische Studien belegen den Nutzen einer ergänzenden Zufuhr von Lecithin bei Leberfunktionsstörungen und bei leberschädigenden Einflüssen z.B. durch Medikamente oder Alkohol. Leberparenchymzellen haben eine sehr hohe Membrandichte. Die Matrix dieser Membranen besteht aus Phospholipiden. Verschiedene Untersuchungen bestätigen, dass eine zusätzliche Zufuhr von Lecithin (> 1 g/Tag) einen günstigen Einfluss auf die Membraneigenschaft ausübt. Zudem wird durch lipotrope Funktionen die Akkumulation von Fett in der Leber eingeschränkt, was bei akuten Leberschäden die Regenerierung der Zellen fördert (1) (3). Auch bei Alkoholerkrankungen schützt Lecithin das Lebergewebe vor einer Anhäufung von Triglyceriden und anderen Fetten in den Zellen (4). Zudem stimuliert Lecithin die Enzymsysteme der Leber, um anfallende Gifte und Fremdstoffe abzubauen und auszuscheiden. Phospholipide können über eine Erhöhung des Glutathionstatus zudem positiv auf antioxidative Prozesse einwirken (5). Die Kombination von Lecithin mit den Vitaminen des B-Komplexes ist der alleinigen Verwendung von Lecithin überlegen. So konnte in einer Tierstudie durch die Kombination ein alkoholbedingter Anstieg von Interleukin-10 und Gamma-Interferon gesenkt und gleichzeitig ein Anstieg von reduziertem Glutathion um 36 % und von Superoxiddismutase um 61 % dokumentiert werden (6).
 
Lecithin bei psychoneurologischen Symptomen
Eine gezielte Zufuhr an Lecithin hat auch nachweislich einen positiven Effekt auf die Gehirnfunktionen. Sowohl Lern- als auch Gedächtnisleistungen werden offenbar durch eine gesteigerte Neurotransmittersynthese im Zentralnervensystem verbessert. Dies gilt sowohl für Gesunde als auch für Personen mit leichten Formen einer Demenz (7).
 
Phospholipide als Schutzfaktoren für alternde Membranstrukturen
Zellmembranen und -strukturen verändern sich mit zunehmendem Alter. Das hat zur Folge, dass sich Alterungsprozesse entwickeln und manifestieren. In diese Vorgänge scheint Lecithin protektiv einzugreifen. Klinischen Studien zufolge erhöht sich die subjektiv gefühlte Lebensqualität bei älteren Menschen nach Lecithinsubstitution (8). Eine gezielte Lecithinsupplementierung konnte im Tierversuch Alterungsprozesse und altersbedingten Gehörverlust abschwächen (9) und dadurch einen weiteren Hinweis auf die membranstabilisierenden Effekte liefern. Auch Gedächtnisfunktionen können durch regelmäßige Substitution signifikant verbessert werden (10). Für die im Lecithin enthaltenen Phospholipide Phosphatidycholin und Phosphatidylserin existiert eine breite evidenzbasierte Datenlage. Sie können u.a. die Synthese von Neurotransmittern fördern, die für das Erinnerungsvermögen wichtig sind (11).
 
Phospholipide zur Förderung der Leistungsfähigkeit im Sport
Einige experimentelle Studien an Tieren, aber auch am Menschen zeigen, dass die im Lecithin enthaltenen Phospholipide einen leistungsstabilisierenden oder leistungssteigernden Effekt auf den Organismus haben. Durch eine Kurzzeitsupplementierung konnte die Leistungskapazität bei Lauf- und Radsportlern erhöht werden. Dies beruht vermutlich auf der verbesserten Cholinbereitstellung und einer dadurch bedingten Abschwächung der zirkulierenden Cortisolkonzentration (12).
 

Labordiagnostik

Nutrigenetik
Bestimmte Genstellen und deren Auswirkungen auf den Vitaminbedarf

Gen

rsNummer

Risiko SNP

Beschreibung

Empfohlene Nährstoffe

MTR,
MTRR

 

rs1805087, 
rs1801394

G

Die Transmethylierung dieses Enzyms ist reduziert. Eine reduzierte Synthese von Phosphatidylcholin und stärkere Abhängigkeit von Cholin ist mit diesem SNP assoziiert (10).

Folsäure, Methionin, 
Cholin

Bestimmte Nährstoffmängel und deren Einfluss auf die Gene, bezogen auf die damit assoziierten Erkrankungen

Betroffene
Genstelle

Aktivität der betroffenen Genstelle

Assoziierte Erkrankung

Nährstoff

APOE
 

reduziert

Nicht-alkoholische Fettleber 

Cholin und Folat-Mangel

FOXA 1
 

reduziert

Nicht-alkoholische Fettleber 

Cholin und Folat-Mangel

FOXA 2
 

reduziert

Nicht-alkoholische Fettleber 

Cholin und Folat-Mangel

PPARGA
 

reduziert

Nicht-alkoholische Fettleber (13)(14)

Cholin und Folat-Mangel

     
 
     

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Leber Anstieg der Transaminasen und Gefahr von Leberschädigungen, Leberverfettung und- fibrosierung
Entgiftung Gestörte Entgiftung der Leber
Nervensystem Lern- und Gedächtnisstörungen
Niere Funktionsstörungen

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Therapiebegleitend bei neuropsychiatrischen Erkrankungen,insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sowie bei älteren Menschen 1500 - 5000 mg/d
Begleitend therapeutisch bei Lebererkrankungen und Leberintoxikationen 1500 - 5000 mg/d
Zur Prävention bei regelmäßigem Alkoholkonsum sowie bei Alkoholerkrankungen 1500 - 5000 mg/d
Bei Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen, Nervosität und Gereiztheit bei älteren Menschen 2000 - 10000 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Lecithin sollte zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Bei langfristig hoher Dosierung (>20 g/d) kann in seltenen Fällen Übelkeit auftreten.
 
Kontraindikationen
Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine Kontraindikationen bekannt.

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Antituberkulosemittel (z.B. Isoniacid) Lecithin kann Störungen der Leberfunktion unter einer Therapie mit Isoniazid verringern.
Cholesterinsenker (Statine) Lecithin kann die cholesterinsenkende Wirkung der Statine steigern.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.

Referenzen

Referenzen

1) Hahn, A.. 2006. Nahrungsergänzungsmittel und bilanzierte Diäten.
2) Wagner, H., Wiesenauer, M. 2003. Phytotherapie. Phytopharmaka und pflanzliche Homöopathika.
3) LeBlanc, M. J. et al. 2003. Effects of dietary soy bean lecithin on plasma lipid transport and hepatic cholesterol metabolism in rats. J Nutr Biochem. 14(1):40-80.
4) Halsted, C. H. 2004. Nutrition and alcoholic liver disease. Semin Liver Dis. 24(3):289-304.
5) Innis, S. M. et al. 2007. Choline-related supplements improve abnormal plasma methionine-homocysteine metabolites and glutathione status in children with cystic fibrosis. Am J Clin Nutr. 85(3):702-8.
6) Das, S. K. et al. 2007. Effect of lecithin with vitamin- B complex and tocopheryl acetate on long-term effect of ethanol induced immunomodulatory activities. Indian J Exp Biol. 45(8):683-8.
7) Volz, H. P. et al. 2004. Improvement in quality of life in the elderly. Results of a placebo-controlled study on the effects and tolerability of lecithin fluid in patients with impaired cognitive functions. MMW Fortschr Med. 146(Suppl 3-4):99-106.
8) Seidman, M. D. et al. 2002. Influence of lecithin on mitochondrial DNA and age-related hearing loss. Otolaryngol Head Neck Surg. 127(3):138-44.
9) Olbrich, I., Fasching, P. Supplementierung von Mikronährstoffen im Alter. Ernährungsmedizin. 2006 (3); 6-10
10) McDaniel, M. A. et al. 2003. “Brain-specific" nutrients: a memory cure? Nutrition. 19(11-12):957-75.
11) Jäger, R. et al. 2007. Phospholipids and sports performance. : J Int Soc Sports Nutr. 4:5.
12) Bundesminsiterium für Gesundheit. 2008. Universität Wien: Österreichischer Ernährungsbericht.
13) Tryndyak, V. et al. 2012. Interstrain differences in the severity of liver injury induced by choline- and folate-deficient diet in mice are associated with dysregulation of genes involved in lipid metabolism. FASEB J. 26:4592-4602. 
14) Tryndyak, V. P. et al. 2016. Status of hepatic DNA methylome predetermines and modulates the severity of non-alcoholic fatty liver injury in mice. BMC Genomics. 17:298. 

Referenzen Interaktionen
1) Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
2) Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
3) Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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