Cannabidiol und Epilepsie (Dravet- und Lennox-Gastaut-Snydrom) |
Die in den letzten Jahren durchgeführten Studien mit CBD im Rahmen der Behandlung epileptischer Erkrankungen verzeichnen einen allgemein hohen Evidenzgrad. Besonders erwähnenswert sind drei randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) zum Thema Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrom, welche CBD ein sehr hohes antikonvulsives Potenzial bescheinigen. Das Dravet-Syndrom wird auch als schwere frühkindliche myoklonische Epilepsie bezeichnet und ist der Überbegriff für eine seltene genetisch bedingte Enzephalopathie mit nur sehr schwer behandelbarer myoklonischer Epilepsie. Das Lennox-Gastaut-Syndrom beschreibt eine schwere Form der Epilepsie, die in der Regel bei Kindern zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr beginnt und auf verschiedenste Schädigungen des Gehirns zurückgeführt wird. Die erste und bis heute einzige RCT zum Thema CBD und Dravet-Syndrom wurde im Sommer 2017 publiziert und bezog sich auf eine Stichprobe von 120 Kindern mit Dravet-Syndrom, welche entweder CBD in einer täglichen Dosierung von 20 mg/kg Körpergewicht oder ein Placebo erhielten. Um möglichst einheitliche Studienbedingungen zu garantieren, wurden nur Probanden rekrutiert, die einen Monat vor Studienbeginn mindestens vier Krampfanfälle verzeichnet hatten. Die CBD- bzw. Placebogabe erfolgte zusätzlich zur Standardmedikation, wobei 65 % der untersuchten Kinder mit Clobazam behandelt wurden. Die Intervention mit CBD führte zu 23 % weniger Krampfanfällen als unter Placebo, wobei die Anfallsfrequenz bei 43 % der CBD-Patienten um mehr als 50 % zurückging; dies steht 27 % innerhalb der Placebogruppe gegenüber. Zwei RCTs behandelten das Thema CBD und Lennox-Gastaut-Syndrom. Die erste Studie hatte 171 Teilnehmer, verwendete eine orale CBD-Dosierung von 20 mg/kg Körpergewicht und zeigte eine um 22 % verringerte Anzahl von Krampfanfällen verglichen mit Placebo. Außerdem konnten 44 % der CBD-Patienten ihre Anfallsfrequenz um die Hälfte reduzieren, wobei dies nur 24 % der Teilnehmer mit Placebo gelang. Ähnlich eindeutig fielen die Ergebnisse der zweiten RCT mit 225 Probanden aus. Es muss jedoch angemerkt werden, dass auch hier die CBD- bzw. Placebogabe zusätzlich zur Standardmedikation erfolgte. Obwohl die erwähnten Studien das große Potenzial von CBD klar hervorheben, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig bewiesen, dass die günstigen Effekte auf Epilepsie auf die alleinige und direkte Wirkung von CBD zurückgehen. Grund zu dieser Annahme ist die Tatsache, dass CBD zu einer um den Faktor 5 erhöhten Konzentration von N-Desmethylclobazam, dem Hauptmetaboliten von Clobazam, geführt hat und somit auch indirekt wirken könnte (5).
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Cannabidiol und Schizophrenie |
Als Primärbehandlung von Schizophrenie werden v.a. Antipsychotika verwendet, welche als D2-Rezeptorantagonisten agieren. Obwohl diese Therapiemethode bei einem Großteil der Patienten von Erfolg gekrönt ist, sprechen bis zu einem Drittel der an Schizophrenie leidenden Menschen nicht darauf an. Dies wird darauf zurückgeführt, dass in dieser Gruppe keine erhöhten Dopaminspiegel vorliegen. Verbindungen, die das Krankheitsgeschehen von Schizophrenie über andere molekulare Mechanismen beeinflussen, sind also gefordert. Erste Hinweise auf CBD als alternative Behandlungsmethode gab der Fallbericht eines Schizophreniepatienten, der auf eine Behandlung mit Haloperidol nicht angesprochen, durch CBD aber eine Verbesserung der Symptomatik erfahren hatte. Eine RCT verglich daraufhin die Gabe von CBD mit Placebo und bezog sich auf ein Studienkollektiv aus 88 Schizophreniekranken. Die Intervention mit CBD erfolgte zusätzlich zur medikamentösen Standardtherapie, zur Erfassung der symptomatischen Veränderungen wurde eine Reihe von Erhebungsinstrumenten, wie etwa PANSS (Positive and Negative Syndrome Scale) und CGI-I (Clinical Global Impressions Scale), verwendet. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Die Supplementierung mit CBD führte nicht nur zur signifikanten Verringerung der Positivsymptome (ermittelt mittels PANSS), sondern auch zu einer höheren Anzahl an Patienten, deren allgemeiner Gesundheitszustand (ermittelt mittels CGI-I) sich verbesserte. Außerdem konnten hinsichtlich auftretender Nebenwirkungen keine Unterschiede zwischen Interventions- und Placebogruppe festgestellt werden. Da alle Patienten parallel mit D2-Rezeptorantagonisten behandelt und dennoch Verbesserungen beobachtet wurden, liegt es nahe, dass CBD D2-rezeptorunabhängig wirkt (6).
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Cannabidiol verbessert PDQ-39-Scores (Parkinson's Disease Questionaire) |
Da das Endocannabinoidsystem die menschliche Psyche stark beeinflusst, wird CBD immer häufiger im Rahmen der Behandlung von Parkinson diskutiert. Ein wichtiges Werkzeug zur Evaluierung der erkrankungsbedingten Einschränkungen ist der PDQ-39-Fragebogen. Dieser evaluiert die patientenseitige Selbsteinschätzung der Symptome, partizipativen Möglichkeiten und Behinderungen bei Alltagstätigkeiten und Mobilität. Des Weiteren schätzt er die Kommunikation, Kognition, das emotionale Wohlbefinden und die soziale Unterstützung des Patienten ein. Unter Zuhilfenahme des PDQ-39 evaluierten brasilianische Wissenschaftler die Auswirkungen von CBD auf die Symptomatik von Parkinson und konnten signifikant bessere Test-Scores im Vergleich zur Placebogruppe feststellen. Die stärksten Verbesserungen wurden in den Bereichen „Alltagsaktivitäten“ und „Stigma“ – verschiedenste Formen der (Selbst-)Diskriminierung – von Parkinsonkranken verzeichnet. Ungeachtet dessen blieben jegliche Effekte von CBD auf motorische und generelle Symptome bei Parkinson aus, was den Bedarf an weiteren Studien zu dieser Thematik hervorhebt (7).
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Cannabidiol und seine Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System |
Ergebnisse aus In-vitro- und Tiermodellstudien bescheinigen CBD eine Vielzahl kardioprotektiver Effekte. So wirkte CBD auf Zellen menschlicher Mesenterialarterien nicht nur gefäßerweiternd, sondern verringerte im Tierversuch auch das Ausmaß eines Herzinfarkts. Gleichzeitig wurden eine Verringerung von myokardialen Funktionsstörungen und eine abgeschwächte Entzündungsantwort beobachtet. Eine aktuelle Metaanalyse von 25 In-vivo-Studien evaluierte die Effekte von CBD auf Blutdruck, Herzfrequenz und Blutfluss. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich CBD besonders unter Stress auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt: Die CBD-Intervention verminderte sowohl den Anstieg des Blutdrucks als auch die Erhöhung der Herzfrequenz statistisch signifikant. Zudem existieren erste Hinweise darauf, dass eine Intervention mit CBD den Blutfluss im Gehirn erhöht und sich somit günstig auf die Folgen eines Schlaganfalls auswirken könnte. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die Ergebnisse dieser Metaanalyse primär auf Tierstudien beziehen und die Anzahl von Humanstudien in diesem Bereich noch stark begrenzt ist. Die wenigen Ausnahmen lassen das Potenzial von CBD für die kardiovaskuläre Gesundheit allerdings erahnen: Eine Anwendungsbeobachtung mit Dystoniepatienten aus dem Jahre 1986 führte etwa die Senkung des Blutdruckes um bis zu 20 mmHg auf die Intervention mit CBD zurück. In zwei weiteren Humanstudien mit Patienten mit sozialen Phobien erhöhte hoch dosiertes CBD den Blutfluss (8).
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Cannabidiol bei Diabetes und glykämischer Kontrolle |
Das Endocannabinoidsystem reguliert nicht nur Nahrungsaufnahme und Energiehomöostase, sondern ist bei einer chronischen Überaktivierung auch maßgeblich an der Entstehung von Übergewicht und Typ-2-Diabetes beteiligt. Aus diesem Grund erfreute sich der Cannabinoidrezeptorantagonist Rimonabant in der Vergangenheit besonderer Beliebtheit, da er bei Typ-2-Diabetikern nicht nur Körpergewicht reduziert, sondern auch Hüftumfang und Triglyceridspiegel bei gleichzeitig erhöhtem HDL-Cholesterin und vermindertem HbA1c-Wert. Starke Nebenwirkungen kosteten ihm schließlich aber die Marktzulassung. Da CBD im Tierversuch eine 55 %ige Erhöhung des HDL-Cholesterins und eine Senkung des Gesamtcholesterins um mehr als 25 % ergab, untersuchte eine aktuelle RCT die Auswirkungen verschiedener Phytocannabinoide auf das Lipidprofil und verschiedene für die Blutzuckerregulation relevante Parameter von Typ-2-Diabetikern. Obwohl durch die Intervention mit CBD weder primäre noch sekundäre Outcomes erreicht wurden, führte sie zur signifikanten Verringerung des Hormons Resistin und zur Erhöhung des glukoseabhängigen insulinotropen Peptids (GIP). Und diese Beobachtungen haben durchaus Relevanz: Hohe Resistinspiegel werden generell mit Übergewicht und Insulinresistenz assoziiert. GIP ist ein in den K-Zellen des Duodenums gebildetes Peptidhormon, das die Insulinausschüttung stimuliert und die β-Zellen des Pankreas schützt. Nichtsdestotrotz konnten keine Verbesserungen der glykämischen Kontrolle festgestellt werden (9).
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Cannabidiol und seine antientzündlichen und immunsuppressiven Wirkungen im Rahmen der Graft-versus-Host-Reaktion |
CBD zeigte bereits in Modellversuchen sowohl entzündungshemmende als auch immunsuppressive Eigenschaften. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz im Tierversuch zur begleitenden Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Rheumatoider Arthritis, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Diabetes. Ein neuer Einsatzbereich von CBD ist die Behandlung der Graft-versus-Host-Reaktion (GvHD), worunter man die immunologische Reaktion auf ein Knochenmark- oder Stammzelltransplantat eines Fremdspenders versteht. Hierbei reagieren vor allem die T-Lymphozyten des Spendertransplantats gegen den Empfängerorganismus. Besondere Relevanz hat dies für die Transplantation von Blutstammzellen, nach der in bis zu 70 % der Fälle eine GvHD auftritt. Ein Forscherteam untersuchte 2015, ob die tägliche Gabe von 300 mg CBD – zusätzlich zur Standardprophylaxe mit Cyclosporin, Methotrexat und Antithymozytenglobulin – die Graft-versus-Host-Reaktion abschwächt. Das Ergebnis war überzeugend: Die Intervention mit CBD führte dazu, dass nur 12 % der Probanden eine GvHD zweiten bis vierten Grades ausbildeten. Im Vergleich dazu zeigte die Kontrollgruppe ohne CBD eine Inzidenz von 46 %. Die Intervention mit CBD spiegelte sich in einer Hazard-Ratio von 0,3 wider, was einer Reduktion des Risikos für eine GvHD von 70 % entspricht (10).
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Cannabidiol und Tabak- und Zigarettenkonsum |
CBD entfaltet seine Wirkungen über das Endocannabinoidsystem, welches das Suchtverhalten und das neuronale Belohnungssystem wesentlich beeinflusst. Es ist daher naheliegend, dass CBD auch bei einem Nikotinentzug von unmittelbarem Nutzen ist. Diese Hypothese basiert unter anderem auf der Cochrane-Review, nach der Rimonabant die Chance auf einen vollständigen Nikotinverzicht und somit den Ausstieg aus der Sucht um 50 % erhöhte. Das Medikament Rimonabant beeinflusst das Endocannabinoidsystem und somit den Ausstoß des Glückshormons Dopamin über CB1-Rezeptoren, verlor aber aufgrund starker Nebenwirkungen seine Zulassung auf dem europäischen Markt. Die Suche nach nebenwirkungsfreien Alternativen war schnell gefunden: CBD, das im Gegensatz zu Rimonabant ein exzellentes Sicherheitsprofil aufweist. Den Beweis für den Nutzen von CBD beim Versuch, das Rauchen aufzugeben bzw. den Nikotinkonsum zu verringern, lieferte eine RCT aus dem Jahre 2013. Verglichen mit der Placebogruppe verringerte sich die Anzahl der gerauchten Zigaretten durch den Einsatz von niedrigen CBD-Dosen um etwa 40 %; ein Ergebnis, das nach einer Interventionszeit von nur einer Woche als durchaus bemerkenswert bezeichnet werden kann (11).
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Cannabidiol und Schlafstörungen |
In einer Anwendungsbeobachtung über sechs Wochen wurde der Einfluss eines Hanföl-Hanfextrakt-Präparats mit niedrig dosiertem CBD (30 mg CBD/d) auf gesunde Personen mit Schlafproblemen untersucht. Die Ergebnisse belegen hochsignifikante positive Veränderungen aller Aspekte von Schlaf und Schlafqualität, der Stresswahrnehmung und des Wohlbefindens. Dass sich die Verbesserung der Schlafqualität, die Verringerung von Stress und die Erhöhung des Wohlbefindens gleichzeitig und durchgehend nachweisen lassen, lässt auf eine grundlegende und umfassende physiologische Wirkung der Hanfpflanze und des enthaltenen CBDs schließen. Mit den vorliegenden Ergebnissen konnte zum ersten Mal das Potenzial einer ernährungsphysiologischen Intervention mit einer Kombination aus Hanföl, Hanfextrakt und CBD in niedriger Dosierung nachgewiesen werden (12). |