Cordyceps

Synonym(e): 30-Deoxyadenosin, chinesischer Raupenpilz, Cordycepin, Cordyceps sinensis
Nährstoffgruppe: Medizinalpilze, Immunmodulatoren

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung
Der chinesische Raupenpilz (Cordyceps sinensis) ist ein Heilpilz der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Als Speisepilz ist Cordyceps jedoch ungeeignet, denn er gilt als ungenießbar.
 
Physiologische Effekte
Immunmodulation
  • Vermehrte Lymphozytenproliferation, Phagozytose und Interleukin-6-Produktion
Antikanzerogen
  • Selektive Hemmung und Destabilisierung von Beta-Catenin
  • Downregulierung der Expression mehrerer prometastatischer Zytokine
Antioxidans
  • Wirkt als Radikalfänger
  • Stimulierung bestimmter antioxidativer Enzyme

  • Reduktion der Lipidperoxidation und der oxidativen Schäden

Besondere Informationen

Cordyceps sinensis - exotischer Raupenpilz aus Pilzkultur

Cordyceps ist eine weltweit verbreitete Gattung von Ascomyceten (Schlauchpilzen), die in etwa 750 Arten umfasst. Die meisten Arten dieses parasitären Pilzes sind jedoch in den feuchten gemäßigten und tropischen Wäldern Asiens heimisch. In der traditionellen chinesischen Medizin findet insbesondere der chinesische Raupenpilz (Cordyceps sinensis) Verwendung (1). Cordyceps sinensis stammt aus dem tibetanischen Hochland und durchläuft dort einen außergewöhnlichen Lebenszyklus. Während der Pilz den Winter unterirdisch als Parasit einer Raupe überlebt, wächst er im Frühling fingerförmig an die Erdoberfläche. Da dieser freie Raupenpilz sehr selten ist und eine geschützte Art darstellt, wird für die Anwendung in der Mykotherapie ein kultiviertes Myzel verwendet. Dieses durchläuft einen Fermentierungs- und Standardisierungsprozess (CS-4) und eignet sich daher besonders für den therapeutischen Gebrauch.
 

Phytochemie und Wirkspektrum des Cordyceps sinensis

Dem Medizinalpilz Cordyceps sinensis wird in der TCM ein umfassendes Wirkspektrum zugesprochen (2). Allen voran wird er im ethnomedizinischen Gebrauch jedoch zum Nähren der Nieren und Kräftigen der Lungen verwendet (1). Eine Reihe von Untersuchungen befasst sich mit der Phytochemie und pharmakologischen Aktivität dieser Art. Darin sind als biologisch aktive Inhaltsstoffe zahlreiche Nukleoside, Polysaccharide, Sterole und Zyklopeptide beschrieben (1)(3). Als die beiden wichtigsten bioaktiven Inhaltsstoffe gelten jedoch das Nukleosid Cordycepin (30-Deoxyadenosin) sowie die Cordycepinsäure (1). Cordycepin zeigt in pharmakologischen Untersuchungen sehr gute antiinflammatorische und antioxidative Effekte (4)(5). Darüber hinaus deuten In-vitro- und In-vivo-Studien noch auf folgende Effekte hin: antitumoröse, zerebroprotektive, Anti-Aging-wirksame, gastroprotektive, antidiabetische, aphrodisierende, antiproliferative, ermüdungshemmende sowie immunmodulatorische Aktivitäten (1).
 

Medizinalpilz zur Immunmodulation

Medizinalpilze haben ein vielversprechendes therapeutisches Potential als komplementäre immunmodulierende Maßnahme zur Behandlung verschiedener Erkrankungen. Die Modulation des Immunsystems erfolgt hierbei auf lokaler und systemischer Ebene. Im Tiermodell konnte nach oraler Substitution des Medizinalpilzes eine vermehrte Lymphozytenproliferation, Phagozytose und Interleukin-6-Produktion sowie eine Zunahme der Dichte der Peyer‘schen Plaques im Verdauungstrakt beobachtet werden (6). Wang et al. veröffentlichten 2016 eine Humanstudie, in welcher die therapeutischen Effekte einer dreimonatigen Cordyceps-sinensis-Supplementation (3 x 1,2 g Cordyceps sinensis/d) an 120 Asthmatikern mit mittelschweren bis schweren Beschwerden (Verum- und Kontrollgruppe: je n = 60) untersucht wurde. Bei Bedarf konnten beide Gruppen zusätzlich auf zu inhalierende Kortikosteroide und Beta-Agonisten zurückgreifen. Neben den Krankheitssymptomen verbesserten sich die Lungenfunktion und das Entzündungsprofil (IgE, ICAM-1, IL-4, MMP-9 im Serum) der Patienten der Verumgruppe (7). Auch Menschen mit transplantierten Organen könnten von den immunmodulierenden Effekten des Medizinalpilzes profitieren. 2017 durchleuchtete eine systematische Review und Metaanalyse das therapiebegleitende Potential von Cordyceps sinensis nach Nierentransplantationen. Die Auswertung der Studienergebnisse zeigte, dass die begleitende Einnahme von Cordyceps zu den üblichen Immunsuppressiva nach sechs bis zwölf Monaten zu einer signifikanten Reduktion der Proteinurie führte. Zusätzlich zeigte die Übersichtsarbeit auf, dass es bei Kombination von Cordyceps mit Cyclosporin A seltener zu einer behandlungsbedingten Nephrotoxizität kam als bei alleiniger medikamentöser Monotherapie (8).
 

Zur Leistungssteigerung, Anti-Fatigue und Antistress

Der therapeutische Einsatz von Cordyceps sinensis wurde insbesondere in der Leistungssteigerung wissenschaftlich intensiv untersucht. In Studien an trainierten Athleten erhöhte Cordyceps sinensis nach sechswöchiger Supplementierung die maximale Sauerstoffaufnahme und die anaerobe Schwelle. Die positiven Effekte werden auf die Erhöhung der Fettmobilisation und Beta-Oxidation zurückgeführt, was die Glykogenreserven während der Belastungsphasen schont (9). Dieser Effekt ist insbesondere für Ausdauersportler interessant. Vielversprechendes therapeutisches Potential von Cordyceps können auch geschwächte Patienten erwarten. In einer Pilotstudie wurde gezeigt, dass die Einnahme von 3 x täglich 333 mg Cordyceps CS-4 über einen Zeitraum von zwölf Wochen die Leistungsfähigkeit von gesunden Personen zwischen 50 und 75 Jahren deutlich steigerte. Die Substitution führte zu einer signifikanten Erhöhung der Laktatschwelle um 10,5 % und der ventilatorischen Schwelle um 8,5 % (10). Zudem verbesserten Cordycepsgaben in Tiermodellen über die Erhöhung der Kortikosteroidproduktion die Stressresistenz (11)(12) sowie die Ausdauer der Tiere bei erschöpfenden Bewegungseinheiten deutlich (13). Der Medizinalpilz wirkte darüber hinaus über die Aktivitätssteigerung antioxidativer Schutzenzyme – wie z.B. SOD oder GPx – günstig auf den bewegungsinduzierten oxidativen Stress (13). Die Ergebnisse unterstützen die lange traditionelle Anwendung von Cordyceps sinensis zur Leistungssteigerung und Verminderung von Müdigkeit und Schwäche.
 

Weitere Einsatzgebiete von Cordyceps

Wie eingangs erwähnt, bescheinigen zahlreiche In-vitro- und In-vivo-Studien Cordyceps sinensis ein breites Wirkspektrum (1). Neuere Studien legen den Einsatz bei onkologischen Erkrankungen, Stoffwechselstörungen sowie zur Prävention von Leber- und Nierenerkrankungen nahe (5). Die antitumoröse Wirkung von Cordycepin wird in der Aktivierung von Adenosinrezeptoren gesehen. In der Folge kommt es zur Anregung der Proteinkinase C, welche eine wichtige Bedeutung in der zellulären Signalübertragung und in der Regulation des zellulären Wachstums besitzt. In einer Studie mit menschlichen Leukämiezellen konnte außerdem nachgewiesen werden, dass Cordycepin die Zellproliferation maligner Tumorzellen signifikant hemmt. Durch die selektive Hemmung und Destabilisierung von Beta-Catenin greift Cordycepin in den häufig an der Tumorentstehung beteiligten WNT-Signalweg ein (14). Darüber hinaus reduzierte Cordycepin im Tiermodell schädigende Effekte durch ionisierende Strahlung signifikant. Die protektiven Wirkungen kommen durch die Reduktion der Lipidperoxidation und der oxidativen Schäden sowie durch die Erhöhung der Immunaktivität zustande (15). Weiters zeigte Cordyceps in In-vitro-Studien und Tiermodeln antimetastasierende Aktivität über die Downregulierung der Expression mehrerer metastasierender Zytokine (16).1906_MNC_Illustrationen_Antikrebs-effekt

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zur präventiven Unterstützung des Immunsystems, insbesondere in Zeiten erhöhter Belastung 1200 mg/d
Zur Förderung der Leistungsfähigkeit und Regeneration im Sport 1200 mg/d
Therapeutisch zur Stärkung einer geschwächten Immunantwort und bei Immundysfunktionen 1200 mg/d
Therapiebegleitend bei Asthma  3 x 1200 mg/d
Therapiebegleitend bei bakteriellen und viralen Infektionen

1200 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
Der Medizinalpilz Cordyceps sollte zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Hohe Dosen können in manchen Fällen zu Magenbeschwerden und Diarrhoe führen (17).
Kontraindikationen
Nach aktuellem Kenntnisstand keine relevanten Kontraindikationen bekannt. Bei Schwangeren und Stillenden ist die Einnahme mit einem Arzt abzusprechen. 

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.

Referenzen

Referenzen

1) Olatunji, O. J. et al. 2018. The genus Cordyceps: An extensive review of its traditonal uses, phytochemistry and pharmacology. Fitoterapia. 129:293-316.
2) Shashidhar, M. P. et al. 2013. Bioactive principles from Cordyceps sinensis: A potent food supplement – A review. Journal of Functional Foods 5, Nr. 3: 1013–1030. doi:10.1016/j.jff.2013.04.018.
3) Yue, K. et al. 2012. The genus Cordyceps : a chemical and pharmacological review. Journal of Pharmacy and Pharmacology 65, no. 4: 474–493.
4) Tuli, H. S. et al. 2013. Pharmacological and therapeutic potential of Cordyceps with special reference to Cordycepin. 3 Biotech 4, no. 1: 1–12.
5) Nie, S. et al. 2013. Bioactive polysaccharides from Cordyceps sinensis: Isolation, structure features and bioactivities. Bioactive Carbohydrates and Dietary Fibre 1, no. 1: 38–52.
6) Koh, J. H. et al. 2002. Activation of Macrophages and the Intestinal Immune System by an Orally Administered Decoction from Cultured Mycelia ofCordyceps sinensis. Bioscience, Biotechnology, and Biochemistry 66, no. 2: 407–411.
7) Wang, N. et al. 2016. Herbal Medicine Cordyceps sinensis improves health-related quality of life in moderate-to-servere asthma. Evid Based Complement Alternat Med. 2016:6134593.
8) Ong, B. Y., Aziz, Z. 2017. Efficacy of Cordyceps sinensis as an adjunctive treatment in kidney transplant patients: A systematic-review and meta-analysis. Complement Ther Med. 30:84–92.
9) Chen, S. et al. 2010. Effect of Cs-4®(Cordyceps sinensis) on Exercise Performance in Healthy Older Subjects: A Double-Blind, Placebo-Controlled Trial. The Journal of Alternative and Complementary Medicine 16, no. 5: 585–590.
10) Nicodemus, K. et al. 2001. Supplementation with Cordyceps Cs-4 Fermentation Product promotes Fat Metabolism during prolonged Exercise. Med Sci Sport Exercise. doi: 10.1097/00005768-200105001-00928.
11) Leu, S. F. et al. 2005. The in Vivo Effect of Cordyceps sinensis Mycelium on Plasma Corticosterone Level in Male Mouse. Biol Pharm Bull. 28(9):1722–5.
12) Koh, J. H. et al. 2003. Antifatigue and Antistress Effect of the Hot-Water Fraction from Mycelia of Cordyceps sinensis. Bio Pharm Bull. 26(5):691–4.
13) Yan, F. et al. 2014. Polysaccharides from Cordyceps sinensis mycelium ameliorate exhaustive swimming exercise-induced oxidative stress. Pharm Biol. 52(2):157–61.
14) Ko, B. S. et al. 2013. Cordycepin Regulates GSK-3β/β-Catenin Signaling in Human Leukemia Cells. PLoS One. 8(9):e76320.
15) Zhang, J. et al. 2011. Effect of polysaccharide from cultured Cordyceps sinensis on immune function and anti-oxidation activity of mice exposed to 60Co. Int Immunopharmacol. 11(12):2251–7.
16) Cai, H. et al. 2018. Extracts of Cordyceps sinensis inhibit breast cancer cell metastasis via down-regulation of metastasis-related cytokines expression. J Ethnopharmacol. 214:106–12.
17) Sellami, M. et al. 2018. Herbal medicine for sports: a review. J Int Soc Sports Nutr. 15:14.

Referenzen zu Interaktionen
Stargrove, M. B. et al. 2008. Herb, Nutrient, and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies. Mosby-Verlag, 1. Auflage.
Gröber, U. 2011. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning – Prävention – Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 3. Auflage.
Gröber, U. 2014. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 4. Auflage.

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