Carotinoide

Synonym(e): Beta-Carotin, Lutein, Lykopin, Lycopin, Zeaxanthin
Nährstoffgruppe: Vitaminoide, Antioxidantien

Vorkommen und physiologische Effekte

Vorkommen in der Nahrung

Die pflanzlichen Vorstufen von Vitamin A (Retinol) nennt man Carotinoide, welche im Körper in Vitamin A umgewandelt werden können.
Pflanzliche Lebensmittel liefern Vitamin-A-Vorstufen, wobei Beta-Carotin als das wichtigste Provitamin gilt. Weitere häufige Carotinoide sind Lykopin, das häufig in Tomaten vorkommt, sowie die sauerstoffhaltigen Carotinoide Lutein und Zeaxanthin, die zur Gruppe der Xanthophylle zählen und in der Tagetesblüte vorkommen.
Da Carotinoide natürliche Pigmente mit einer gelben bis rötlichen Färbung sind, sind dementsprechend vor allem farbintensive gelbe, orange sowie rote Gemüse und Früchte – wie z.B. Karotten, Marillen, Mangos und Papayas – reich an diesen Pflanzeninhaltsstoffen. Doch auch dunkelgrünes Blattgemüse wie Spinat und Grünkohl enthält nennenswerte Mengen des Provitamins.
 

Physiologische Effekte
Provitamin A
  • Beta-Carotin ist eine wichtige fettlösliche Vorstufe für Vitamin A und wird in der Darmschleimhaut zu Retinol reduziert.
Auge
  • Lutein kommt zusammen mit Zeaxanthin als Pigment in der Retina vor, besonders im Gelben Fleck (Macula lutea).
  • Schutz vor UV-Strahlung.
Antioxidans
  • Wichtige Rolle als sog. Radikalfänger. Antioxidantien „entschärfen“ freie Radikale, indem sie entweder als Elektronendonator agieren oder das Radikalmolekül aufspalten.
Antithrombotisch
  • Stabilisation der Thrombozytenform durch Hemmung der Thrombin-induzierten Aggregation und Inhibition von Glycoprotein 2b/3a.

Referenzwerte

Erhöhter Bedarf Personen mit hoher Sonnenexposition, Diabetes mellitus, Makuladegeneration

Besondere Informationen

Carotinoide und ihre physiologischen Funktionen
Als wirkungsvolle Antioxidantien können Carotinoide freie Peroxylradikale und Singulettsauerstoffe binden sowie die Lipidperoxidation durch UVB-, Röntgen- und Höhenstrahlung verhindern. Die verschiedenen Carotinoidformen haben dabei unterschiedliche Ansatzpunkte, können sich aber in ihren Funktionen ergänzen und verstärken.
Zu den wichtigsten Carotinoiden zählt das Beta-Carotin, das als bioaktive Vorstufe für Vitamin A fungiert. Dadurch ist es zwar indirekt, aber dennoch wesentlich an der embryonalen Entwicklung, an der Sehfunktion und an der Zelldifferenzierung der Endothelien beteiligt. Beta-Carotin selbst wird in der Haut und in den Zellen der Retina verstärkt eingelagert, um dort direkt als Antioxidans gegen UV-induzierte freie Radikale wirken zu können.
 
Fotoprotektion durch Carotinoide
Fotooxidative Prozesse spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Hautveränderungen und Hautschädigungen. Eine erhöhte UV-Exposition tritt nicht nur während der Sommer- und Urlaubszeit auf, sondern kann auch bereits bei kurzen Aufenthalten im Freien bestehen, bei denen meist auf einen topischen Sonnenschutz verzichtet wird. Carotinoide, vor allem das Beta-Carotin, werden zur Langzeitprophylaxe vor Lichtschäden eingesetzt. Die Einnahme von 15 bis 30 mg Beta-Carotin pro Tag über einen Zeitraum von zehn Wochen führt zu einer verminderten Ausprägung eines UV-induzierten Erythems (1). Auch eine weitere Studie zeigt, dass die erhöhte Zufuhr von 30 mg/Tag Beta-Carotin signifikant vor Hautalterung schützt (2). Um einen vollständigen Schutz bei starker Sonnenexposition zu gewährleisten, sind zusätzliche topische Maßnahmen allerdings unverzichtbar.
 
Carotinoide zur Tumorprävention
Durch ihre ausgeprägten antioxidativen Eigenschaften sind die Carotinoide auch  zum präventiven Einsatz bei verschiedenen Krebserkrankungen von Interesse. Als potente Stimulatoren der zellvermittelten Immunabwehr und durch die Hemmung der Initiation der Tumorzellen können durch eine optimierte Versorgung signifikante antikanzerogene Effekte erreicht werden. In epidemiologischen Studien, z.B. der Linxian-Studie, wurde eindeutig ein Zusammenhang zwischen Beta-Carotin-, Vitamin-E- und Selengaben und einem verminderten Krebsrisiko aufgezeigt (3). Ein erhöhter Carotin- und Carotinoidplasmawert bei Männern korreliert mit einem verminderten Prostatakrebsrisiko, kann aber das Fortschreiten einer Erkrankung nicht verhindern (4)(5). Dies deckt sich mit In-vivo-Studien, die belegen, dass Beta-Carotin in erster Linie die Initiation einer Tumorzelle, nicht aber deren Progression hemmt (3).
 
Carotinoide protektiv gegen Makuladegeneration
Lutein und Zeaxanthin sind für die Pigmentierung im zentralen Teil der Retina verantwortlich, dem sogenannten „Gelben Fleck“. Dort befinden sich die Sehzellen, die zum Erkennen feiner Einzelheiten und zur Unterscheidung von Farben befähigen. Bei verstärkter UV-Exposition dieser Zellen tritt in diesem Teil der Retina ein erhöhter oxidativer Stress auf. Bei einem unzureichenden antioxidativen Schutz degenerieren die Sehzellen des Gelben Flecks, was letztlich zur sogenannten altersbedingten Makuladegeneration (AMD) führt, der Hauptursache für Sehbehinderungen und Blindheit bei älteren Menschen in Industrieländern. Lutein und Zeaxanthin schützen aufgrund ihrer ausgeprägten antioxidativen Eigenschaften vor den Schäden durch UV-Strahlung (6) und verhindern die Bildung von Peroxiden. Mehrere epidemiologische Studien bestätigen, dass Personen mit einer carotinreichen Ernährung ein signifikant geringeres Risiko für die Entwicklung von AMD oder eines senilen Katarakts (Grauer Star) aufweisen (7). Die protektiven Eigenschaften von Zeaxanthin und Lutein konnten in der französischen POLA-Studie (Pathologies Oculaires Liées à l’Âge) bestätigt werden. Erniedrigte Zeaxanthin- und Luteinplasmawerte korrelieren signifikant mit dem Auftreten von AMD, während die Zeaxanthinwerte im Plasma mit dem Auftreten von Katarakten invers korrelieren (8). Die CARED-Studie (Carotinoid in the Age-Related Eye Disease Study) bestätigt, dass Frauen mit einer hohen Aufnahme von Lutein und Zeaxanthin ein 23 % geringeres Auftreten von Katarakten zeigten (9). Die ARED-Studie (Age-Related Eye Disease Study) konnte zeigen, dass eine Kombination von Carotinoiden, Vitamin C, Vitamin E und Zink im Frühstadium einer AMD einem Fortschreiten der Erkrankung entgegenwirkt (10).
 
Natürliche Quellen für Carotinoide
Die grüne Meeresalge Dunaliella salina eignet sich zum therapeutischen Einsatz bei verschiedenen Indikationen, da sie eine konzentrierte und gut verfügbare natürliche Quelle für verschiedene Carotin- und Carotinoidverbindungen darstellt. Klinische Studien konnten zudem belegen, dass Dunaliella-Carotinoide einen höheren antioxidativen Schutz (11) und eine verbesserte biologische Aktivität (2) im Vergleich zu synthetischem Beta-Carotin bzw. zu einer alleinigen Beta-Carotinsubstitution aufweisen. Im Zusammenspiel mit den sauerstoffhaltigen Carotinoiden Zeaxanthin und Lutein, die zur Gruppe der Xanthophylle zählen und z.B. in der Tagetesblüte vorkommen, entsteht ein synergistischer Verbund, der als effizientes antioxidatives System an den verschiedenen Zielorganen wirkt. Die Carotinoide aus Tagetes haben auch in höheren Dosierungen keine nachgewiesenen negativen Effekte (13).

Labordiagnostik

Parameter Substrat Referenzwert Beschreibung
Lutein + Zeaxanthin Serum 159 - 728 µg/l Einzelparameter (LUTE)

Mögliche Mangelsymptome

Auswirkung auf Symptomatik
Auge Abfall der Makulapigmentdichte
Begünstigung von altersbedingter Makuladegeneration
Oxidativer Stress Erhöhte Oxidation von LDL-Partikeln und PUFAs in den Zellmembranen
Haut Erniedrigung der Erythembildung
Radikalassoziierte Erkrankungen Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Katarakt und Tumore
Immunsystem Vermehrte Infektanfälligkeit
Abnahme der zellvermittelten Immunität

Indikation

Effekt Indikation Dosierung
Physiologische Effekte
mit niedrigen
Nährstoffdosierungen
Zur Prävention und Therapiebegleitung bei altersbedingter Makuladegeneration (AMD) 15 - 60 mg/d
Zum Schutz und zur Prävention vom radikalassoziierten Erkrankungen,insbesondere der Haut und des Auges  5 - 20 mg/d
Präventiv und therapiebegleitend bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen  5 - 30 mg/d
Tumorprävention und therapiebegleitend bei Tumorerkrankungen

 5 - 30 mg/d

Pharmakologische Effekte
mit hohen Nährstoffdosierungen
Zur präventiven Erhöhung des körpereigenen Grundschutzes vor UV-bedingtem Erythem 100 - 180 mg/d

Einnahme

Allgemeiner Einnahmemodus
 
Wann
 
 Carotinoide sollten zu oder nach den Mahlzeiten eingenommen werden.
Nebenwirkungen
Beta-Carotin kann bei langfristiger und hoher Dosierung (> 3 Wochen, > 30 mg/d) zur einer harmlosen Gelbfärbung der Haut führen.
Kontraindikationen
Leberschäden, Niereninsuffizienz

Interaktionen

Interaktionen mit Arzneimitteln
Estrogene (Medroxyprogesteron) Medroxyprogesteron kann Beta-Carotin- und Vitamin A–Spiegel verändern.
Antihelmintika (z.B. Pyrantel, Mebendazol) Vitamin A–Mangel steht mit einem erhöhten Risiko für Wurminfektionen in Zusammenhang.
Vitamin A– oder Beta-Carotineinnahme verbessert die Therapie.
Interaktionen mit anderen Nährstoffen
Keine Nach aktuellem Kenntnisstand sind keine relevanten Wechselwirkungen bekannt.

Verbindungen

Beschreibung des Mikronährstoffes
Fettlösliche Carotinoide

Referenzen

Referenzen

1) Stahl, W., Krutmann, J. 2006. Systemische Photoprotektion durch Karotinoide. Hautarzt. 57(2006), ISSN 0017-8470.
2) Cho, S. et al. 2010. Differential effects of low-dose and high-dose beta-carotene supplementation on the signs of photoaging and type I procollagen gene expression in human skin in vivo. Dermatology. 221(2):160-71
3) Hahn, A. et al. 2005. Ernährung. Physiologische Grundlagen und Prävention.
Stuttgart (Wiss. Verlag-Ges.)
4) Chang, S. et al. 2005. Relationship between plasma carotinoids and prostate cancer. Nutr Cancer. 53(2):127-3.
5) Persson, C. et al. 2008. Plasma levels of carotenoids, retinol and tocopherol and the risk of gastric cancer in Japan: a nested case-control study. Carcinogenesis 29, Nr. 5: 1042–1048. doi:10.1093/carcin/bgn072.
6) Hsu, Y. W. et al. 2008. Protective effects of Dunaliella salina - a carotenoids-rich alga, against carbon tetrachloride-induced hepatotoxicity in mice. Food and Chemical Toxicology 46, Nr. 10: 3311–3317. doi:10.1016/j.fct.2008.07.027.
7) Ribaya-Mercado, J. et al. 2004. Lutein and Zeaxanthin and Their Potential Roles in Disease Prevention. Journal of the American College of Nutrition 23, Nr. sup6. doi:10.1080/07315724.2004.10719427.
8) Delcourt, Cecile, I. et al. 2006. Plasma Lutein and Zeaxanthin and Other Carotenoids as Modifiable Risk Factors for Age-Related Maculopathy and Cataract: The POLA Study. Investigative Opthalmology & Visual Science 47, Nr. 6 (January): 2329. doi:10.1167/iovs.05-1235.
9) Moeller, S. M. 2008. Associations Between Age-Related Nuclear Cataract and Lutein and Zeaxanthin in the Diet and Serum in the Carotenoids in the Age-Related Eye Disease Study (CAREDS), an Ancillary Study of the Women's Health Initiative. Archives of Ophthalmology 126, Nr. 3 (January): 354. doi:10.1001/archopht.126.3.354.
10) Anon. 2001. A Randomized, Placebo-Controlled, Clinical Trial of High-Dose Supplementation With Vitamins C and E and Beta Carotene for Age-Related Cataract and Vision Loss. Archives of Ophthalmology 119, Nr.10 (January): 1439. doi:10.1001/archopht.119.10.1439.
11) Murthy, K. et al. 2005. In vivo antioxidant activity of carotenoids from Dunaliella salina — a green microalga. Life Sciences 76, Nr.12:1381–1390. doi:10.1016/j.lfs.2004.10.015.
12) Murthy, K. et al. 2005. Comparative Evaluation of Hepatoprotective Activity of Carotenoids of Microalgae. Journal of Medicinal Food 8, Nr.4:523–528. doi:10.1089/jmf.2005.8.523.
13) Harikumar, K. B. et al. 2008. Toxicity Profile of Lutein and Lutein Ester Isolated From Marigold Flowers (Tagetes erecta). International Journal of Toxicology 27, Nr 1:1–9. doi:10.1080/10915810701876265.

Referenzen Interaktion
Stargrove, M. B. et al. Herb, Nutrient and Drug Interactions: Clinical Implications and Therapeutic Strategies, 1. Auflage. St. Louis, Missouri: Elsevier Health Sciences, 2008.
Gröber, U. Mikronährstoffe: Metabolic Tuning –Prävention –Therapie, 3. Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2011.
Gröber, U. Arzneimittel und Mikronährstoffe: Medikationsorientierte Supplementierung. 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.

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